Einführung:
Anatomie des Faschismus
Rezension von Karl Pfeifer
Der amerikanische Historiker Robert O. Paxton machte
sich mit der Erforschung des autoritären Vichy-Regimes einen Namen. In
dem vorliegenden Buch versucht er das Phänomen Faschismus zu erklären.
Er geht dabei auch "heiklen" Problemen nicht aus dem
Weg, z.B. der Frage ob denn der deutsche Nationalsozialismus etwas mit
Sozialismus zu tun gehabt hätte. Er weist nach, dass der Kapitalismus
von den Nazi nicht abgeschafft wurde und alles was zur Verteilung unter
den "Volksgenossen" kam von Juden und anderen zuvor geraubt wurde.
Hitler hatte panische Angst vor Hungeraufständen, wie sie gegen Ende des
Ersten Weltkrieges in Deutschland vorkamen und so wurde durch die
Beraubung von anderen Völkern dafür gesorgt, dass die elementaren
Bedürfnisse der "Volksgemeinschaft" befriedigt wurden.
Der emeritierte Professor für Geschichte an der Columbia
University in New York dürfte für dieses Buch seine Vorträge vor seinen
Studenten als Grundlage genommen haben. Er belegt genau, die
Verantwortung der Liberalen und Konservativen an der Entstehung und der
Machtübergabe an die Faschisten in Italien und an die Nazi in
Deutschland.
Nach der Einleitung schildert er "Das Entstehen einer
faschistischen Bewegung", stellt im Kapitel "Wurzeln schlagen"
erfolgreiche Formen des Faschismus den erfolglosen gegenüber, beschreibt
im Kapitel "Die Übernahme der Macht" die Unterschiede und
Gemeinsamkeiten zwischen Italien und Deutschland.
Im Kapitel "An der Macht" analysiert er die Struktur des
Machterhalts. Im Kapitel: "Langfristbetrachtung: Radikalisierung oder
Entropie" ist auch ein "Versuch einer Erklärung für den Holocaust"
enthalten, der allerdings alles andere als eine Erklärung bietet. So
schreibt Paxton: "Der Versuch, die Ghettos für die deutsche
Kriegsproduktion nutzbar zu machen, brachte wenig außer einer neuen
Kategorie von "unnützen Essern", den Arbeitsunfähigen". Die wesentlichen
Fragen stellt er nicht. Die Erklärung, dass man "unnütze Esser"
beseitigen wollte und den Platz für die Volksdeutschen brauchte ist
nicht ausreichend.
Im Kapitel "Andere Zeiten, andere Orte" stellt Paxton
die Frage "Ist Faschismus heute noch möglich?" Er geht auf "Westeuropa
seit 1945" und "Osteuropa nach dem Zerfall der Sowjetunion" sowie auf
"Faschismus außerhalb Europas" ein.
Erst im letzten Kapitel wird die Frage beantwortet: "Was
ist Faschismus?"
Die deutsche Armee besetzte Ungarn nicht am 22. März
sondern am 19. März 1944, was in einer zweiten Ausgabe korrigiert werden
sollte.
Im Buch – das zum Einstieg in die Materie empfohlen wird
– ist auch ein Bibliographischer Essay enthalten mit einer Auswahl von
hilfreichen Werken.
hagalil.com
15-05-06 |