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"Mit fremden Augen":
Ein Stück Wüste

Von Edith Kresta
taz, 07.04.2003


Rafik Schami,
"Mit fremden
Augen. Tagebuch über den 11. September und den Palästinakonflikt".
Palmyros Verlag 2002, 148 Seiten,
Euro 19,90

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"Man muss die Zeit in Arabien in zwei Epochen aufteilen: in die Zeit vor und die Zeit nach der Gründung von al-Dschasira. Früher war der Informationsstand eines Arabers, der sich vierundzwanzig Stunden täglich von einem arabischen Sender berieseln ließ, gleich dem eines Gefangenen, der in derselben Zeit die Wand seiner Zelle angestarrt hat. Heute kann man dank al-Dschasira jedem europäischen Zuschauer die Stirn bieten", notiert Rafik Schami in sein Tagebuch. Dieses Tagebuch über den 11. September, den Palästinakonflikt und die arabische Welt hat der Schriftsteller, der seit über 30 Jahren in Deutschland lebt, im Zeitraum von Oktober 2001 bis Mai 2002 verfasst.

Es sind Beobachtungen eines aufmerksamen Exilanten, Gedanken eines kritischen Arabers und Empfindungen eines Betroffenen. Es ist eine bunte Mischung aus persönlichen, politischen und nachdenklichen Impressionen. Es ist auch der Blick eines in Deutschland lebenden Intellektuellen - geboren in Damaskus - auf die arabische Welt, der seine Seelenverwandtschaft, seine Trauer und sein Mitgefühl für eine rastlose Krisenregion nicht verrät. "Der Palästinakonflikt ist nicht irgendein Konflikt. Er ist die Wunde, die mein Leben schmerzhaft begleitet und prägt. Und so wie jeder Araber ein Stück Wüste mit sich trägt, tragen viele Araber und Juden diese Wunde mit sich", schreibt Schami.

Er kritisiert die fehlende Selbstkritik, den dummen Antisemitismus, die paternalistische Diktaturgläubigkeit der Araber genauso wie die Demütigung der Palästinenser durch westliche Poltiker oder die scheinbare Toleranz von selbst ernannten Nahostexperten in den hiesigen Medien. "Da sie schwach auf der Brust sind, befragen sie extrem rechte Israelis nach deren Meinung über den Islam. Herrlicher Journalismus!" Rafik Schami polemisiert, kritisiert, leidet an der Gewalt zwischen Israel und Palästinensern, trauert um die traumatisierten Kinder. Er hört nicht auf, für zwei Staaten und nachsichtige Geduld auf beiden Seiten zu plädieren. "Erst wenn die Araber begreifen, dass sie ehrlich und von Grund auf radikal gegen jede Art von Rassismus und Antisemitismus auftreten sollten, […], haben sie einen ersten unentbehrlichen Schritt auf dem langen Weg in eine friedliche Zukunft gemacht."

Rafik Schami baut Brücken zur arabischen Welt, die seit dem Irakkrieg nun wieder von unzähligen Nahostexperten auf dem Bildschirm zerpflückt und erklärt wird. "Der Unterschied zwischen einem Intellektuellen und eine unbelesenem Schwätzer besteht darin, dass es bei Ersterem eine feste Brücke zwischen seiner Zunge, seinem Herzen und seinem Kopf gibt", meint Schami. "Beim Schwätzer sind Herz, Zunge und Hirn voneinander abgekoppelt." Rafik Schami jedenfalls trägt im Gegensatz zu vielen vor Selbstgewissheit strotzenden Experten das Herz auf der Zunge. Möge ihm eine so legendäre Auflage beschieden sein, wie es Oriana Falaci mit ihrem hasserfüllten Pamphlet gegen die arabische Welt nach dem 11. September vergönnt war. Sein Buch hätte es verdient. Natürlich ist es unspektakulärer, dafür konstruktiv, klug, emphatisch, nahe dran und sehr empfehlenswert.

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hagalil.com 07-04-03











 

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