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Ernst Piper:
Alfred Rosenberg.
Hitlers Chefideologe

Karl Blessing Verlag 2005
Euro 26,00

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Alfred Rosenberg:
Hitlers Chefideologe

Rezension von Karl Pfeifer

Alfred Rosenberg war vielleicht der am meisten unterschätzte Naziführer, dessen Rolle nach 1945 oft genug heruntergespielt wurde. So auch von Ernst Nolte, der die Bedeutung der Ideologie für den Nationalsozialismus grundsätzlich in Frage stellte und sich dabei ausgerechnet auf Rosenberg berief, dessen "Mythus des 20. Jahrhunderts", trage "unverkennbar die Züge der protestantisch-liberalen Herkunft des Verfassers." Diese Ansicht teilt Ernst Piper der Verfasser der vorliegenden ausgezeichneten Biographie nicht.

Der 1893 in Reval geborene Alfred Rosenberg studierte Architektur und schloss sein Studium 1917 ab. Am 30. November 1918 hielt er in Reval einen öffentlichen Vortrag über seine lebenslange Obsession "Marxismus und Judentum", der die Zuhörer nicht begeisterte. Noch in der gleichen Nacht bestieg er einen Zug nach Berlin, wo er zu einem Vorstellungsgespräch bei einem der führenden Architekten eingeladen war, doch Rosenberg war derartig angeekelt von der Großstadt Berlin, dass er kurz entschlossen weiterfuhr nach München. Das bestimmte seinen weiteren Lebensweg. Er traf Adolf Hitler und wurde bereits 1919 Mitglied der späteren NSDAP. Rosenberg beteiligte sich am 9. November 1923 am Hitlerputsch.

Der Vielschreiber Rosenberg war u.a. auch Chefredakteur des Völkischen Beobachter, der lieber schrieb als sprach. Es gab vielleicht außer Rudolf Heß keinen Naziführer, mit dem er keine Auseinandersetzungen hatte und all das wird vom Autor einem ironischen Stil beschrieben, der leider allzu selten im deutschen Sprachraum von Historikern gebraucht wird.

Rosenberg hatte Mitte der 20er Jahre seinen "Mythus" abgeschlossen, doch fand zunächst keinen Verleger. 1931 brachte der vom nazistischen Eher-Verlag übernommene Hoheneichenverlag das Buch heraus, das bis 1942 eine Auflage von einer Million erreichte. Das schwer lesbare Buch richtet sich nicht nur gegen Juden sondern auch gegen die katholische Kirche. In den "Tischgesprächen" ließ Hitler eine gewisse Distanz zum Buch erkennen, er meinte die hauptsächliche Leserschaft sei nicht unter Altparteigenossen zu suchen, sondern in Kirchenkreisen, die dem "Mythus" durch ihren anhaltenden Widerstand erst zu einem Verkaufserfolg verholfen hätten. Er selbst habe das Buch nur zum geringen Teil gelesen, da es zu schwer verständlich geschrieben sei.

In der Nazihierarchie wurde Rosenberg 1940 Leiter des "Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg" und 1941 "Reichsminister für die besetzten Ostgebiete". Sein Einsatzstab führte groß angelegten Kunstraub und Plünderungen in den von der Wehrmacht besetzten Ländern durch.

Rosenberg, der russisch sprach, trat nach dem Angriff auf die Sowjetunion für die Neuordnung Europas ein und meinte: "Bei derartigen Auseinandersetzungen und Vorgängen können humanitäre Grundsätze überhaupt nicht herangezogen werden, ebenso wenig wie bei einer Desinfektion eines Körpers oder verseuchten Raumes."

Piper schildert auch was aus den Mitarbeitern Rosenbergs – die an den Verbrechen des Nationalsozialismus teilgenommen hatten – nach 1945 geworden ist,. Die meisten konnten ihre Karriere in der Bundesrepublik Deutschland nahtlos fortsetzen. Am 18. Dezember 1941 schrieb zum Beispiel sein Mitarbeiter Bräutigam: " In der Judenfrage dürfte inzwischen durch mündliche Besprechungen Klarheit geschaffen sein. Wirtschaftliche Belange sollen bei der Regelung des Problems grundsätzlich unberücksichtigt bleiben. Im übrigen wird gebeten, auftauchende Fragen unmittelbar mit dem höheren SS- und Polizeiführer zu regeln."

Otto Bräutigam war ab 1947 Osteuropa-Berater von US-Dienststellen. Ab 1953 wieder im Außenamt, Leiter der Abt. Ost. 1959 erhielt er das Große Bundesverdienstkreuz.

Im Oktober 1943 – da waren schon viereinhalb Millionen jüdische Männer, Frauen und Kinder ermordet – hielt Reichsminister Rosenberg eine Rede und resümierte: "Wenn wir heute erklären können, dass Deutschland die Judenfrage heute gelöst hat, so wird diese Judenfrage für Europa erst dann gelöst sein, wenn der letzte Jude diesen europäischen Kontinent verlassen hat. In welcher Form eine solche biologische Säuberung vor sich zu gehen hat, das wissen Sie. Auf jeden Fall kann man in einer solchen weltgeschichtlichen Situation nicht mit kleinen Mitteln vorgehen."

Piper kommentiert: "Mit "kleinen Mitteln" war die Ermordung von elf Millionen Menschen, das war die Zahl im Protokoll der Wannsee-Konferenz, in der Tat nicht zu bewältigen."

In Nürnberg gab Rosenberg vor Philosoph gewesen zu sein, er leugnete seine Verantwortung für seine Verbrechen und behauptete nach der "Machtergreifung" für eine "ritterliche Behandlung" der Judenfrage eingetreten zu sein. Der amerikanische Ankläger Thomas Dodd wollte anderntags etwas mehr über diese ritterliche Behandlung wissen: "Haben Sie je von der Ausrottung der Juden gesprochen?" Rosenberg geriet gewaltig ins Stottern und machte nicht weniger als sechs Anläufe, die Frage nicht zu beantworten. Schließlich hielt Dodd ihm seine eigene Notiz über seine Besprechung mit Hitler am 14. Dezember 1941 vor, in der folgender Satz stand: "Ich stände auf dem Standpunkt, von der Ausrottung des Judentums nicht zu sprechen." Dodd ließ sich von seinen Ausflüchten nicht beirren und fuhr fort: "Ich habe Sie eben gefragt, ob zu jenem Zeitpunkt und später in den besetzen Ostgebieten, die unter Ihrer Verwaltung standen, Juden tatsächlich ausgerottet wurden." Rosenberg konnte es nicht leugnen, versuchte aber verzweifelt, die Rolle seiner Mitarbeiter bei den Vernichtungsaktionen herunterzuspielen.

Dass Rosenberg Antisemit war, räumte sein Verteidiger Thoma ein, verstieg sich aber zu der grotesken Behauptung: "Der Antisemitismus stehe bei ihm jedoch nicht im Vordergrund". Schließlich entblödete Thoma sich nicht, sich Rosenbergs Antisemitismus zu Eigen zu machen. "Die Judenfrage ist seit Jahrtausenden das Fremdenproblem der Welt", erklärte er dem Gericht. Das öffentliche Leben in Deutschland sei durch das Judentum überfremdet gewesen. "Man tut aber Rosenberg unrecht, wenn man behauptet, blinder Haß gegen das jüdische Volk habe ihn zu dieser Polemik gegen die Juden getrieben. Er hatte tatsächlich konkrete Tatbestände für eine zersetzende Tätigkeit von Juden vor Augen."

Piper: "Der Versuch, auch noch angesichts der beispiellosen Leichenberge, die durch Filmmaterial und Zeugenaussagen auch im Nürnberger Gerichtssaal präsent waren, den Antisemitismus rechtfertigen zu wollen, zeugt von einer gespenstischen Frivolität."

Rosenberg berief sich erst in Nürnberg auf das liberale Prinzip der Meinungsfreiheit, im Gericht jedoch wurde der Beweis geliefert, wie aus seinen Worten verbrecherische Taten wurden, wegen dieser wurde er zum Tod verurteilt und am 16. November 1946 hingerichtet.

Das 831 Seiten und 34 Abbildungen umfassende Buch Ernst Pipers liest sich wie ein spannender Kriminalroman, obwohl es auch ein wissenschaftliches Buch ist. Der Autor begnügt sich nicht mit der Geschichte von Alfred Rosenberg, sondern zeigt auch die Hintergründe seiner Karriere auf. An Zeitgeschichte interessierten Lesern wird das Buch empfohlen.

hagalil.com 08-12-05











 

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