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Leo Glückselig:
'G’ttlob kein Held und Heiliger!'...

Ein Wiener 'Jew-boy' in New York

... aber glücklicherweise ein begnadeter Geschichte-Erzähler ist Leo Glückselig und das nicht zuletzt wegen des Hämorrhoidalleidens seines betagten Großvaters Joseph, der zur Linderung seines Leidens heiße Sitzbäder nahm, und ihm bei dieser Gelegenheit allerlei Geschichten erzählte. Leo Glückselig musste aus seiner Heimat Wien im Dezember 1938 flüchten und ist seit Jänner 1939 in New York zuhause. Seine von der nationalsozialistischen Judenverfolgung geprägte Lebensgeschichte hat das Historikerduo Daniela Ellmauer und Albert Lichtblau in einer Interviewserie aufgenommen und als Buch im Wiener Picus Verlag herausgegeben.

Wenn auch jede einzelne der in den letzten Jahren zahlreich publizierten Erinnerungen einen wertvollen Beitrag zum Verstehen und Erinnern leistet, so bestechen Leo Glückseligs Erinnerungen darüber hinaus durch seine von den Herausgebern gut wiedergegebene Erzählfertigkeit, die das Gefühl einer trotz aller Verfolgungserlebnisse bewahrten Unbeschwertheit und Lebensfreude vermittelt. Der Untertitel "Ein Wiener 'Jew-boy' in New York" weist auf das Selbstverständnis des Erzählers hin und lässt die nostalgische Sehnsucht nach den Kindheits- und Jugendtagen erkennen.

Leo Glückselig und seine Familie haben Glück gehabt, sie sind nicht nur der Vernichtung in die USA entkommen, sie haben sich dort auch gutbürgerlich etablieren können: der Erzähler selbst arbeitete als Grafiker u.a. für renommierte Zeitungen (New York Times), Magazine (Time Life) und für die Werbewirtschaft, sein Bruder arbeitete in der Galerie des Vaters und veröffentlichte unter dem Pseudonym Fritz Bergammer deutschsprachige Lyrik, der Schwager betrieb eine Arztpraxis.

Leo Glückselig wurde 1914 in Wien geboren und mit den Ausläufern des Wiener "fin de siécle", jenem aus heutiger Sicht unglaublich fortschrittlichen kulturellen Aufbruch, dessen Ausläufer spätestens mit dem Nationalsozialismus zunichte gemacht wurden, in einer orthodoxen jüdischen Familie sozialisiert: im Gegensatz zu den zahlreichen assimilierten jüdischen Haushalten im Wien der Zwischenkriegszeit lebten die Glückseligs nach den Kaschrut-Vorschriften und besuchten regelmäßig die Synagoge. Er studiert Architektur an der Kunstgewerbeschule, das Diplom wird ihm 1938 von den Nationalsozialisten verweigert, und langjährige Studienkollegen wenden sich plötzlich ab. 

Im Zuge des Novemberpogroms werden Leo, sein Bruder Fritz und sein Vater Max verhaftet und einige Zeit festgehalten. Nach ihrer Freilassung verstärkt die Familie ihre Auswanderungsbemühungen, was zunächst den Brüdern Leo und Fritz, dann deren Schwester Lisl samt Ehemann Paul sowie zuletzt den Eltern gelingt, sodass die gesamte engere Familie die Schoa in den USA überleben kann.

Obwohl überzeugter Pazifist beschließt Leo Glückselig, sich bei der U.S. Armee zu melden. Sein Einsatz bei der Militärpolizei führt ihn über Frankreich bis nach Deutschland, wo er erstmals seit seiner Flucht aus Wien wieder mit Nationalsozialisten zu tun hat. Er findet seine Freundin Ita wieder, die die Verfolgung im Ghetto von Sosnowiec überlebt hatte und mit ihrer Mutter nach Budapest geflohen war, wo beide mit gefälschten Papieren überlebt haben. Leo und Ita heiraten in einer Synagoge in der Bronx, 1954 wird ihre Tochter Nina geboren. Für sie hat Leo Glückselig sein Buch erzählt: durch das Erzählen von der großen Familie möchte er seiner Tochter die Erinnerung an die große Verwandtschaft, an die Onkeln und Tanten, Cousins und Cousinen vermitteln, die in der Schoa umgekommen waren.

Schon vor der Interviewserie zu diesem Buch wurde Leo Glückselig in die Fernsehsendung von Alfred Biolek nach Deutschland eingeladen und konnte vor einem größeren Publikum erzählen – als Mitglied des von Oskar Maria Graf gegründeten und heute von Leos Schwägerin Gaby Bergammer geleiteten wöchentlichen "Stammtisches" österreichischer und deutscher Exilanten.

Die von Leo Lustig erzählte Lebensgeschichte ist eine außerordentliche Bereicherung der Überlebendenliteratur weit über die Grenzen Österreichs hinaus, wenngleich die Herausgeber die Chance vergeben haben, die Erzählungen mittels Querverweise in den historischen und Kontext zu stellen und weiterführende Literatur anzugeben. Dieser Anspruch wäre auch dadurch gerechtfertigt, als das Buch in der Reihe "Spuren in der Zeit" vom Institut für Geschichte der Juden in Österreich erschienen ist. Schade auch, dass die Information über das Schicksal der restlichen Familie, der vielen Onkeln, Tanten und Cousins in der Schoa nicht einmal in einem Anhang Platz gefunden hat.

Daniela Ellmauer, Albert Lichtblau
Leo Glückselig: "G’ttlob kein Held und Heiliger"

Picus Verlag, Wien, 317 Seiten;
ISBN 3-85452-428-5
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anton legerer jr. / haGalil 04-02-2000

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