Berlin – . Immer mehr Unternehmen wollen vom Image der Hauptstadt profitieren und Teil der Berliner Erfolgsstory werden.

München ist BMW, Stuttgart ist Mercedes oder Bosch, Wolfsburg ist VW, Hannover ist Conti. Und Berlin? Es gibt keine Marke und keinen Konzernnamen, den man direkt mit Berlin assoziieren würde. Dennoch wollen immer mehr globale Unternehmen vom Image der deutschen Hauptstadt profitieren, die gerade im der vergangenen Monat einmal mehr zur Innovationshauptstadt gekürt wurde, wie die Berliner Morgenpost berichtete.

Eine Befragung der Wirtschaftsförderungs-Agentur BerlinPartner unter 15 global agierenden Unternehmen brachte jetzt ans Tageslicht: Als innovative, dynamische, kreative und weltoffene Metropole besitzt Berlin Attribute, die auch viele Unternehmen für sich beanspruchen. Die Umfrage erhebt zwar nicht den Anspruch, repräsentativ zu sein. Sie zeigt aber Tendenzen auf. Mehr als zwei Drittel der Befragten sahen bei den Attributen der Innovationsmetropole Berlin starke Überschneidungen mit ihren Marken und haben sich daher gezielt für ein Engagement in Berlin entschieden.

Berlin profitiert von seinen Talenten

Berlin profitiert besonders von den Talenten seiner Einwohner, insbesondere der Menschen, die gut ausgebildet, mit Unternehmergeist und auf der Suche nach neuen Herausforderungen in die Stadt kommen. Das weiß auch Morten King-Grubert von der strategischen Unternehmensberatung Tendensor International. „Heute werden Talente nicht mehr nur vom guten Namen ihres Arbeitgebers in eine Stadt gelockt, sondern vielmehr ist die Attraktivität der Stadt selbst ausschlaggebend für die Wahl des Wohnortes“, sagt der Headhunter. Talente werden von globalen Unternehmen gesucht. Das ist eine Erklärung für ihr Engagement in Berlin.

Pfizer bringt Krebsforschung nach Berlin

Zum Beispiel der Pharmakonzern Pfizer, der seit zwei Jahren in Berlin tätig ist und jetzt auch seine Geschäftseinheit Onkologie in Berlin ansiedelte: „Berlin ist gerade im Ausland eine sehr positiv besetzte Marke. Sie hilft uns, internationale Talente für Pfizer Deutschland zu gewinnen“, sagt Martin Fensch, Direktor für Unternehmensfragen des Konzerns. Ähnliche Effekte sieht Harald Eisenach, Sprecher der Geschäftsleitung Ost der Deutschen Bank: „Berlin ist Vielfalt: Internationalität und Offenheit prägen immer stärker die Metropole. Davon sind Menschen aus aller Welt fasziniert.“

Schraubenhersteller Würth wird digital

Beim Netzwerkausrüster Cisco, der auf dem Schöneberger Euref-Campus ein Entwicklungszentrum betreibt, wird die Innovationskraft der deutschen Hauptstadt betont: „Hier entstehen jeden Tag innovative Produkte und Lösungen“, heißt es in dem Unternehmen.

Würth Elektronik profitiert von Berlin in vielerlei Hinsicht. Der süddeutsche Mittelständler stellt elektromechanische Bauelemente, Leiterplatten sowie als Zulieferer der Lkw-Industrie Steuerungssysteme her. „Vor allem ist es der Ruf als weltoffene Stadt, der viele junge und kreative Menschen in die Stadt zieht“, sagt Pierre Lohrber, der Chef des Kompetenzzentrums des Unternehmens in Adlershof, das zur Bauelemente-Sparte gehört.

In der Nachbarschaft arbeiten bereits zehn außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, sechs Institute der Humboldt-Universität und fast 1000 Unternehmen. „Der universitäre Background und die vielen Fachhochschulen und Institute schaffen einen Pool an potentiellen Mitarbeitern von morgen. Darüber hinaus können wir Forschungsprojekte diskutieren und auf den Weg bringen“, erklärt Lohrber.

Volkswagen eröffnet „Digital:Lab“

Bereits elf DAX-30-Unternehmen haben nach Angaben der Wirtschaftsförder-Agentur BerlinPartner Innovationszentren in Berlin – zum Beispiel die Lufthansa. „Bei der Entscheidung, in Berlin sowohl mit dem Innovation Hub als auch mit der Konzernpolitik und über 20 weiteren Konzernbereichen präsent zu sein, war die wichtige Rolle Berlins als Entscheidungszentrum und als Startup-Schmiede ein großer Faktor“, sagt Unternehmenssprecher Wolfgang Weber.

Ebenfalls in Berlin ist Volkswagen. Im neuen „Digital:Lab“ in der Nähe der Oberbaumbrücke arbeitet der Konzern gemeinsam mit dem Software-Entwicklungsunternehmen Pivotal an neuartigen Software- und Mobilitätslösungen. Der Autokonzern profitiert von den innovativen Menschen in Berlin, „die uns als Leit-Kunden in der Produktentwicklung helfen“, so ein Unternehmenssprecher. Auch der Sportwagenhersteller Porsche ist in Berlin. In einem Digital Lab in Friedrichshain erproben Forscher, wie Innovationen aus den Bereichen Maschinenlernen, Cloud-Technologien sowie Industrie 4.0 & Internet der Dinge in die Praxis von Porsche übertragen werden können.

Osram will Zukunftsmärkte entdecken

Auch für Osram ist Berlin ein Zukunftsstandort. Die Münchner fertigen an der Nonnendammallee in Spandau jährlich 14 Millionen Xenon-Lampen für Autoscheinwerfer. LED- und Laser-Lichtquellen könnten diese Technologie überflüssig machen. Osram lässt sich deshalb von Berliner Gründern inspirieren, um Zukunftsmärkte zu entdecken. Etwa von Lisa Lang, deren Start-up ElektroCouture mit LEDs in Kleidungsstücken experimentiert. Umgekehrt bietet das Unternehmen Produktions-Know-how an.

Auch für den Energiekonzern Eon ist Berlin in Sachen Marktforschung ein Experimentierfeld. „Wir brauchen die Berlinerinnen und Berliner, die mit uns gemeinsam die nachhaltige Stadt der Zukunft ausprobieren, wir brauchen ihr kritisches Feedback und ihren Gestaltungs- und Umsetzungswillen außerhalb der üblichen Konventionen“, erklärt Sebastian Lührs, Chef-Strategie von Eon Deutschland.

Ein ganz besonderes Verhältnis hat Siemens zu Berlin. Der Unternehmensgründer und Namensgeber des Konzerns begann 1847 in einem Kreuzberger Hinterhof Telegrafen zu bauen – damals eine innovative Datentechnologie. Heute würde man Leute wie ihn Start-up-Gründer nennen. Berlin biete sich vor diesem industriegeschichtlichen Hintergrund dafür an „sich damit als Schrittmacher für Zukunftslösungen zu präsentieren“, erklärte ein Sprecher. Auch für die Deutsche Telekom ist das Startup-Ecosystem Berlins „eine Quelle für Innovation“, wie Cem Ergün-Müller, Sprecher der T-Labs und des Start-up-Brutkastens „Hubraum“ sagt.

Airbnb profitiert doppelt vom Standort Berlin

Nicht nur die etablierten, auch junge Unternehmen profitieren vom Berlin-Spirit – im Fall der Zimmervermittlungsplattform airbnb sogar in doppelter Hinsicht, wie Alexander Schwarz, Geschäftsführer des Unternehmens für den deutschsprachigen Raum erläutert: „Berlin steht für Dynamik, Innovation und Offenheit und ist weltweit eine der gefragtesten Destinationen der Airbnb-Reisenden. Gleichzeitig profitieren wir vom Austausch mit etablierten und jungen Unternehmen, Kreativen und den Airbnb-Gastgebern, die wir in Berlin treffen können. Berlin ist darüber hinaus wegen seiner Vielfalt und Möglichkeiten für unsere Mitarbeiter eine der besten Städte zum Leben und Arbeiten, wovon wir als Arbeitgeber natürlich auch profitieren.“