AfD:Alternative dank Merkel

AfD nach der Bundestagswahl

Verdankt seine politische Karriere vor allem Kanzlerin Merkel: AfD-Spitzenkandidat Bernd Lucke.

(Foto: dpa)

Die AfD gibt es vor allem deshalb, weil Angela Merkel das Wesen des Politischen ignoriert hat. Mit der Rede von "Alternativlosigkeit" verhalf die Kanzlerin der neuen Partei zum Erfolg. Die AfD hat nun das, was der FDP fehlt: Zulauf und begeisterte Anhänger.

Ein Kommentar von Heribert Prantl

Angela Merkel hat nicht einfach nur die Wahl gewonnen; die CDU-Kanzlerin hat etwas geschafft, was vor ihr nur SPD-Kanzler geschafft haben: Sie hat die Geburt einer neuen Partei befördert. Die neue Partei heißt AfD. Die verpasste zwar knapp den Einzug in den Bundestag, hat aber (unter anderem) der FDP so viele Stimmen weggenommen, dass deren parlamentarische Existenz nun beendet ist.

Das macht die Regierungsbildung für die Union so schwer, dass Merkel die FDP gern wieder zurück hätte. Vorbei. Die AfD ist für die Union das, was für die SPD die Grünen und die Linken waren: eine Partei, die ihr das schöne Leben ein wenig saurer macht. Die AfD, ihre Parteifarbe ist blau, ist das blaue Wunder, das die Kanzlerin erlebt.

Die Grünen konnten einst grünen, weil für die Helmut-Schmidt-Nachrüstungs-SPD die Wörter "Ökologie" und "Nachhaltigkeit" Fremdwörter waren. Die Linke konnte wachsen, weil "soziale Gerechtigkeit" in Schröders Agenda-SPD zu einem Fremdwort wurde. 2013 konnte die AfD werden und wachsen, weil Merkel die Euro-Rettung als "alternativlos" bezeichnet hat. Sie hat damit nicht nur die neue Partei und FDP-Konkurrenz befördert, sie ist auch deren Taufpatin. Der Parteiname geht auf sie zurück: Alternative für Deutschland.

Diese Partei gibt es deswegen, weil Merkel das Wesen des Politischen ignoriert hat. Sie hat so getan, als sei man nicht nur beim Euro, sondern auch bei der Art und Weise, ihn zu retten, ohne jede Alternative. Da ist ja sogar das Bundesverfassungsgericht anderer Ansicht. Wer den Menschen Alternativlosigkeit als Argument verkauft, ist unsicher, bequem oder überheblich. Merkel war unsicher. Deshalb hat sie mit der Rede von "Alternativlosigkeit" Sicherheit geheuchelt.

Die AfD hat das, was der FDP fehlt

Der Protest gegen die Art der Euro-Rettung hat nun die wabernde Unzufriedenheit von Konservativen und Wirtschaftsliberalen gebündelt: 4,7 Prozent, und das nur ein halbes Jahr nach der Parteigründung! - das ist das Ergebnis dieser Bündelung. Das sagt noch nichts aus über die Beständigkeit der Partei. In der Geschichte (zumal, aber nicht nur) neuer Parteien gehört der Spruch "wie gewonnen, so zerronnen" zum Erfahrungsschatz.

Die AfD hat aber das, was der FDP fehlt: Zulauf und begeisterte Anhänger. Der FDP laufen die Wähler davon, und es herrscht bodenlose Tristesse. Die AfD hat noch etwas, was der FDP fehlt: Dort ist, im Führungskreis der Partei jedenfalls, Intellektualität und Professoralität zu Hause. Das gab es bei der FDP früher auch (man erinnert sich an den Rechtsdenker und FDP-Innenminister Werner Maihofer, der ganze Parteiprogramme prägte); das ist lange her. Es ist meist nicht das Gelbe vom Ei, was die AfD-Professoren so von sich geben; ihre Anti-Euro-Politik ist im Ergebnis falsch. Aber wissenschaftliche Unterfütterung ist nicht das Schlechteste, was der Parteipolitik passieren kann.

Man hat über die AfD als "Professoren-partei" gespöttelt. Das ist unfair. Wenn Professoren sich im Turm der Wissenschaft verstecken, werden sie als weltfern und unpolitisch kritisiert. Wenn sie ihre Wissenschaft unter die Leute bringen (2005 war es der Steuerrechtsprofessor Kirchhof), wenn sie die etablierten Parteien mit ihren Erkenntnissen konfrontieren, also politisch sind - dann ist es auch wieder nicht recht. Es ist ein demokratischer Gewinn, wenn Professoren den Hörsaal mit der Fußgängerzone vertauschen. Der FDP könnte das helfen, Boden unter die Füße zu bekommen; sie ist zur kompetenzfreien Zone geworden. Da wird auch der künftige Parteichef Christian Lindner seine Mühe haben.

Zum eigenen Anspruch passt es nicht, dass die AfD sich zuletzt mit dummen Sprüchen zur Ausländerpolitik nach rechts öffnete. Häme können sich Union und SPD aber sparen. Sie haben Dutzende Wahlkämpfe mit solcher Agitation betrieben.

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