Zoo-Berlin
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Der Zoologische Garten Berlin - Viel Geschichte, viel Zukunft

Menagerie auf der Pfaueninsel

Wenn man mit dem Schiff havelabwärts von Berlin nach Potsdam fährt, kommt man an der Pfaueninsel vorbei, einem landschaftlich abwechslungsreichen Naturschutzgebiet mit malerischen Bauwerken, die rund 200 Jahre alt sind. Nicht allzu viele Bewohner der Hauptstadt wissen, dass diese Insel die Keimzelle des Zoologischen Gartens Berlin war.

Der Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. hatte die Insel zu seinem Sommersitz ausgebaut und einen Privatzoo angelegt, in dem es ein Vogelhaus gab, einen Wasservogelteich, eine Bärengrube, Gehege für Känguruhs und Lamas, Hirsche und Wasserbüffel. Diese Tiersammlung diente nicht nur dem Vergnügen des Herrschers, sondern sie war an bestimmten Tagen auch für die Öffentlichkeit zugänglich.

Einige der Tierunterkünfte auf der Pfaueninsel

Forscher und Gartenarchitekten überzeugen den König - ein erster richtiger Zoo entsteht am Rande des Tiergartens

Friedrich Wilhelm IV., der Nachfolger des Gründers der königlichen Menagerie, hatte mit den vierbeinigen und gefiederten Inselbewohnern nicht allzu viel im Sinn. Als der Gartenbaudirektor Peter Joseph Lenné, der Afrikaforscher Martin Hinrich Lichtenstein und Alexander von Humboldt sich dafür einsetzten, den Berlinern zu einem richtigen Zoologischen Garten zu verhelfen, verfügte der König eigenhändig, dass die meisten Pfaueninsel-Tiere der neuen Einrichtung zur Verfügung gestellt werden sollten. Als Standort wurde ein Teil der königlichen Fasanerie ausgewählt, die am Rande des Tiergartens lag.

Eröffnung des Zoos im Jahre 1844

Nach einer Bauzeit von nur 3 Jahren öffnete der Zoologische Garten am 1. August 1844 seine Pforten. Er war der erste Zoo in Deutschland und der neunte in Europa.

Zoo-Aktie von 1845

Der Zoo j w d - janz weit draußen, wie die Berliner sagen

Die Entwicklung der neuen Einrichtung verlief in den ersten 25 Jahren nur schleppend, weil die Berliner vom Zentrum der Stadt einen weiten Fußweg zurückzulegen hatten, öffentliche Verkehrsmittel existierten damals noch nicht. Und der Tiergarten lag damals weit ausserhalb der historischen Stadtgrenzen von Berlin. Um die wirtschaftliche Grundlage zu verbessern, erhielt der Zoo 1845 die Rechtsform eines Aktien-Vereins. Eine AG ist er auch heute noch. Und mit Ausnahme einer einzigen Aktie, die das Land Berlin besitzt, befinden sich die übrigen 3.999 breit gestreut in Privatbesitz.

Antilopenhaus

Der erste Direktor bringt exotischen Stil nach Berlin

1869 wurde Dr. Heinrich Bodinus der erste hauptberufliche Zoodirektor. Bevor er nach Berlin kam, hatte er mit viel Erfolg den Kölner Zoo geleitet und brachte von dort zahlreiche Ideen mit. Dazu gehörte auch die, den Garten mit Tierhäusern in exotischem Stil zu schmücken, wie das bereits der Antwerpener Zoo getan hatte.

So wurde 1871 das prachtvolle Antilopenhaus mit seinen 4 Minaretten eröffnet, das als eine der Hauptsehenswürdigkeiten Berlins wenige Monate später sogar den Rahmen für ein Treffen abgab, bei dem sich 3 europäische Herrscher trafen: der deutsche Kaiser Wilhelm I., Kaiser Franz-Joseph von Österreich-Ungarn und der russische Zar Alexander II.

Elefantenhaus

Diesem Prachtbau folgten das Elefantenhaus in indischem Stil, das ägyptische Straußenhaus, das japanische Stelzvogelhaus, das malerische Elefantentor und die Häuser für Einhufer in arabischem Stil.

In jene Zeit des stürmischen Aufbaus fällt auch der Bau zahlreicher Musikpavillons und des riesigen Restaurants mit seinen Terrassen, in dem sich ein Großteil des gesellschaftlichen Lebens der deutschen Hauptstadt abspielte.

Plakat von Carl Schnebel,

Bei Heck heckt alles

Unter der Leitung von Dr. Ludwig Heck, der sein Amt 1888 antrat, erlebte der Tierbestand eine unglaubliche Blüte. Heck war ein Systematiker alter Schule. Und so lag ihm daran, dem Besucher einen möglichst umfassenden Überblick über die Vielgestaltigkeit des Tierreiches zu geben. Die Zahl der in Berlin gezeigten Säugetiere und Vogelarten konnte sich schon bald mit der des altehrwürdigen Londoner Zoos messen.

Aufgrund des umfangreichen Nachwuchses im Zoo pflegten die Berliner zu sagen: Bei Heck heckt alles.

Oskar Heinroth mit handaufgezogenen Kranichen

1913 Eröffnung des Aquariums

Der Höhepunkt war erreicht, als 1913 das große Aquarium eröffnet wurde. In seinen 3 Stockwerken beherbergte es Süßwasser- und Meeresfische, Reptilien - die Krokodilhalle im 1. Stock war die erste begehbare Tieranlage im Inneren eines Gebäudes -, Amphibien und eine Vielzahl von wirbellosen Tieren. Mosaik- und Halbreliefs, welche die Fassaden des großen Bauwerks schmückten, stellten die ausgestorbenen Saurier dar. Mit der Planung dieses großen Tierhauses wurde Dr. Oskar Heinroth beauftragt, der nicht nur ein fähiger Aquariumsleiter war, sondern sich vor allem durch seine ornithologischen Studien international einen Namen gemacht hatte. Er gilt als der Gründer der vergleichenden Verhaltensforschung. Und kein geringerer als Konrad Lorenz hat ihn stets als seinen Lehrmeister bezeichnet.

Von einem Lappen begleiteter Rentierimport

Krieg und Wirtschaftkrise sind schnell verkraftet

Der I. Weltkrieg und die Weltwirtschaftskrise brachten Einschränkungen mit sich, der Zoo erholte sich aber schnell. Unter Prof. Dr. Lutz Heck (1932 - 1945) veränderte der Garten sein Gesicht. An die Stelle der prunkvollen Bauten traten nun naturalistisch anmutende Freianlagen nach dem Muster von Hagenbecks Tierpark: Robben- und Pinguinfelsen, Pavianfelsen, Löwensteppe und Bergtierfelsen. Durch Expeditionen, die nach Äthiopien, Ostafrika, Finnland, Kanada und Kamerun führten, erhielt der Zoo interessante und seltene Tiere.

Blick in Richtung Bahnhof Zoo - der Garten war ein Trümmerfeld

Zerstörung und Tiersterben

Bevor der II. Weltkrieg ausbrach, umfasste der Säugetierbestand 1.196 Tiere in 385 Arten. Und die 2.519 Vögel waren in 926 Arten vertreten. Der II. Weltkrieg war für den Zoo verhängnisvoll. Die ersten Bomben fielen 1941. Weitere schwere Angriffe gab es 1943 und 1944. Ein Großteil der Bauten war zerstört. Fast die gesamte Infrastruktur vernichtet. Und lediglich 91 Tiere überlebten das Chaos - darunter 2 Löwen, 2 Hyänen, 1 Asiatischer Elefantenbulle, 1 Flusspferdbulle, 10 Mantelpaviane, 1 Schimpanse, 1 Schwarzschnabelstorch und 1 Schuhschnabel.

Blick auf Paviananlage und Gedächtniskirche

Wiederaufbau und Nachkriegszeit

Die Nachkriegsjahre waren durch finanzielle Nöte, Futter- und Personalmangel, die Berliner Blockade und andere Widrigkeiten gekennzeichnet. Lediglich dem unermüdlichen Einsatz von Dr. Katharina Heinroth (1945 - 1956) und Werner Schröder (1952 - 1977) ist es zu verdanken, dass die Grundlagen für den Wiederaufbau gelegt werden konnten. Das Antilopenhaus wurde instand gesetzt, es entstand ein neues Elefantenhaus und ein neues Flusspferdhaus.

In der Amtszeit von Prof. Dr. Heinz-Georg Klös (1956 - 1991) wurde der Garten planmäßig wiederauf- und ausgebaut. Es entstanden die Affenhäuser, das Vogelhaus, der Wirtschaftshof, die Bärenfreianlagen, das Raubtierhaus mit seiner Nachttierabteilung, der Anbau an das Aquarium und das Erweiterungsgelände im ehemaligen Diplomatenviertel.

Die Katharina- Heinroth- Zooschule

Der Zoo war jahrzehntelang das Naherholungsziel für die Westberliner, die durch den Bau der Mauer vom Ostteil der Stadt ebenso abgeschnitten waren wie vom brandenburgischen Umland. Ohne die tatkräftige Hilfe des Berliner Senats, der Deutschen Klassenlotterie Berlin und die Spendenbereitschaft der Bevölkerung, die dem Zoo Berlin traditionell zugetan ist, wäre diese Aufbauleistung nicht möglich gewesen.

Der Grundstein für viele blühende Zuchtgruppen - u. a. Spitzmaulnashörner, Przewalskipferde, Hirscheber, Weißbartpekaris, Bongos, Gaure sowie viele Primaten und Vögel - wurde in dieser Periode gelegt. Hinzu kamen umfangreiche Baumpflegemaßnahmen, die originalgetreue Wiederherstellung historischer Bauten, die Aufstellung vieler Tierskulpturen, die Gründung der Zooschule u. a. m.

Gemeinsames Plakat von Zoo und Tierpark, 1992

Eine Stadt - Zwei Zoos, ein Aquarium

Der Fall der Mauer 1989 und die Wiedervereinigung Deutschlands bedeuteten für den Zoo einen neuerlichen Einschnitt. Berlin, in dessen Stadtteil Friedrichsfelde 1955 der Tierpark gegründet worden war, hatte plötzlich 2 Zoologische Gärten. Allen politisch Verantwortlichen war klar, dass sie erhalten bleiben und sich ergänzen müssten. Es wurde ein Kooperationsvertrag geschlossen, der bis heute die Basis für eine enge Zusammenarbeit bildet. Angestrebt wird darin besonders, dass jeder Zoo seinen ganz spezifischen Charakter behalten und ausbauen soll:

Hier der Innenstadt-Zoo mit seinen vielen Tierhäusern und dem großen Aquarium, dort der weiträumige Landschaftspark mit Großgehegen.

Unter diesem Gesichtspunkt ist die Entwicklung der letzten Jahre zu verstehen. Im Tierpark wurde die Haltung von Menschenaffen aufgegeben, mehrere lauffreudige Huftierarten siedelten vom Zoo in den Tierpark über und einzelne Artvertreter wurden nach ihrem Tod nicht mehr ersetzt - z. B. das Breitmaulnashorn. Natürlich gibt es an beiden Berliner Standorten auch weiterhin Tiergruppen wie etwa Elefanten und Giraffen, die für das Publikum von großer Bedeutung sind. Grundsätzlich aber wird Wert darauf gelegt, unnötige Dopplungen zu vermeiden. So trifft man beispielsweise im Tierpark anstelle der im Zoo gepflegten Robben auf die in ähnlicher Weise wasserlebenden Seekühe.

Flankiert wird die Differenzierung zwischen Tierpark und Zoo durch wesentliche Gestaltungs- und Baumaßnahmen. So entstanden im Tierpark weitläufige Landschaftsgefüge für Eurasische Gebirgstiere (2002 / 2004) währende im Zoo die afrikanischen Flusspferde (1997) und die antarktischen Pinguine (2003) neue begehbare Tierhäuser erhielten.

Beide Zoostandorte in der Hauptstadt zeigen zurzeit einen Tierbestand, der an Vielfalt und Seltenheit weltweit nirgendwo erreicht wird. So wird in Berlin das Bewusstsein der Zoobesucher aller Länder für den Erhalt der Biodiversität geschärft.