Geschichte des Jemen

Die Geschichte des Jemen ist noch relativ unerforscht. Zeugnisse alter Kulturen, Inschriften und Schriftsteine, ja

ganze antike Städte ruhen unberührt unter Wüstensand oder Geröllbergen.

Jemens frühe Geschichte wurde durch die Semiten geprägt. Arabien ist die älteste uns bekannte Heimat, aber wohl nicht die Urheimat der Semiten, deren Charakterzüge durch die harte Lebensbedingungen dort wesentlich mitgeprägt wurden. Seit 3000 v. Chr. sind nachweisbare Wanderungsbewegungen der Semiten ( nacheinander Akkader, Altamoriter, Kanaanäer, Aramäer, Araber) belegt. Nach neueren Forschungen sind anscheinend auch die Berber Nordafrikas mit den Seminiten verwandt.

Durch den Indien- und Afrikahandel sowie durch Ackerbau mit künstlicher Bewässerungen werden die Gebiete im Südwesten des Jemen schon im 2. Jahrtausend vor Christus wohlhabend und entwickeln eine Stadtkultur mit Hochbauten.

Wohl noch vor 1000 Jahren wird die phönikische Schrift übernommen. Das Südarabische ist den semitischen Sprachen Abessiniens verwandt. Von den Königinnen der Sabäer weiß auch das Alte Testament

( Zeit Salomons ). Über die äußere Geschichte Arabiens vor dem Islam ist trotz Tausenden altsüdarabischer Inschriften sehr wenig bekannt.

Der Staat baut sich auf den verschieden Stämmen auf, deren Führer eine Art Staatsrat bilden. Dieser hat an der Gesetzgebung ( Boden- und Steuerrecht ) neben dem eigentlichen Staatsoberhaupt Anteil. Der Staat ist anfänglich theokratisch orientiert , der König ist als Priesterfürst eingesetzt.

Sechs antike Königreiche sind bekannt. In Feldzügen und wechselnden Koalitionen wurden Reiche erobert bzw. durch Spaltung neu geschaffen.

Saba ist mit antiken Bauwerken, Ausgrabungsaktionen und Verweisen in Bibel und Koran das wohl bekannteste

Königreich dieser Epoche.

Saba ist das Älteste Reich, seine Ursprünge reichen bis auf das 8. Jahrhundert vor Chr. zurück. Aus dieser Zeit stammen die ältesten Inschriftensteine dieser Kultur. Gleichfalls ist in dieser Epoche der bekannte Staudamm von Marib in seiner ersten und ursprünglichen Form als Erdwall entstanden.

Neueste Forschungen haben wenige hundert Meter von dem Damm entfernt Stau- und Wasserverteilungsanlagen entdeckt, deren Alter auf das 3. Jahrtausend vor Chr. datiert wird. Die Geschichte Maribs und Sabas muß seit diesen Funden neu formuliert werden. Ungeklärt ist aber bislang immer noch die Herkunft der Königin von Saba.

Von einigen Forschern wird sie in Äthiopien, von anderen an die Südgrenze Palästinas angesiedelt. Bekannt ist, daß sie um das Jahr 950 v. Chr. König Salomo in Jerusalem besuchte.

Nicht Marib, sondern das 30km westlich gelegene Sirwah war ursprünglich die Hauptstadt des sabäischen Reiches.

Sirwahs beengte Gebirgslage, sein begrenztes landwirtschaftliches Potential, seine ständig wachsende Bevölkerung und die zunehmende Bedeutung der östlich verlaufenden Weihrauchstraße führten zum Aufschwung Maribs als Mittelpunkt des Sabäischen Reiches. Marib wurde die Schaltzentrale sabäischer Macht, hier entstand das Zentrum der sabäischen Staatsreligion mit dem Bau gewaltiger Sakralbauten.

Finanziert wurden Beamtenschar, Armee sowie Sakral- und Profanbauten mit den Einnahmen aus der Weihrauchstraße, an der Marib als bedeutender Rastplatz strategisch günstig lag. Hier gab es ausreichend Wasser zum Tränken der Kamele und hier konnte Proviant für weitere Etappen erworben werden.

Da Marib kein natürliches landwirtschaftliches Potential hat, der jährliche Niederschlag tendiert gegen Null, war die Bewässerungsanlage das bedeutendste und infrastrukturellste Vorhaben des Ortes.

Mit dem Bau des Staudammes wurde im 8. Jahrhundert v. Chr. begonnen. Die heute sichtbaren Überlaufwehre und Wasserverteilungskanäle stammen aus dem 7. Jahrhundert vor Christi.

Während seiner Blütezeit vom 5. Jhr. v. Chr. bis zum 2. Jhr. n. Chr. erstreckte sich Saba vom Indischen Ozean bis zum Roten Meer und im Norden weit bis in das heutige Saudi-Arabien. Neben der Hauptstadt Marib erlangte Sana’a Bedeutung als Garnisionsstadt. Im Schnittpunkt zweier Handelsstraßen gelegen, wurde Sana’a Sammelplatz und Ausgangspunkt für Feldzüge des sabäischen Reiches.

Wie das Königreich Aussan besaß Saba im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. Kolonien in Ostafrika und dominierte nach der Zerschlagung Aussans den Handel Arabiens mit Afrika. Der griechische Geschichtsschreiber Agatharchides berichtet sogar von sabäischen Handelsniederlassungen in Südindien.

Das Königreich Aksum, das im ersten Jahrhundert nach Christi in Abessinien entstand und das im 6. Jahrhundert eine bedeutende Rolle in der jeminitischen Geschichte spielte, war eine Gründung sabäischer und später himjaritischer Aussiedler und Händler.

Von den Auseinandersetzungen um die politische Macht in der Region sind folgende historische Ereignisse belegt mit Datum belegt:

450 v. Chr. Saba besiegt Aussan und unterstellt das Gebiet seinem Vasallenstaat Kataban

410 v. Chr. eine Schwächeperiode Sabas nutzend, sagen sich Ma‘ in und Kataban von Saba los und verbünden sich

mit Hadramaut

343 v. Chr. Siegreicher Feldzug Sabas gegen Kataban

100 v. Chr. aus dem unabhängig gewordenen Kataban lösen sich die Provinzen Himjar und Radman. Sie werden

von Saba unterstützt

50 v. Chr. Saba erobert Ma’in zurück

 

 

24 v. Chr. der römische Südarabienfeldzug endet ergebnislos vor den Toren Marib

150n. Chr. Hadramaut erobert die Reste des Katabanischen Reiches

220 n. Chr. Unter König Scha’irum Antar erobert Saba Hadramaut

260 n. Chr. Himjar erobert Saba

 

Als um 260 n. Chr. Saba von Himjar erobert wurde, hatte die Weihrauchstraße bereits ihre Bedeutung verloren.

Zwar legten die himjaritischen Könige ihren Hauptsitz von Zafar nach Marib, aber der Niedergang dieses

Gebietes war unaufhaltsam.

Der erste historisch belegte Dammbruch wird in die Mitte des 4. Jahrhunderts n. Chr. datiert. Nach Reparaturen

und weiteren Dammbrüchen wurde Marib schließlich 570 n. Chr. aufgegeben. Der Koran hielt diese

entscheidenden Dammbrüche in Sure 34, Vers 16-18 fest.

Die Bevölkerung dieses Landstriches migrierte über die gesamte arabische Halbinsel.

Ma’in ( 700 – 50 v. Chr. )

Ma’in war dem mächtigen südlichen Nachbarn ( Saba) tributpflichtig. Eine Schwächeepoche des sabäischen Reiches ausnutzend, sagte sich Ma’in gegen Ende des 5. Jhs. v. Chr. von Saba los.

Barragisch – später Qarnew- wurde Hauptstadt des minäischen Reiches.

Als Binnenland am Rande der Wüste war Ma’in wirtschaftlich auf die Weihrauchstraße angewiesen. Als Händler sind die Minäer in die Geschichte eingegangen, sie bereisten das Mittelmeer bis hinauf nach Griechenland. Auf der Kykladeninsel Delos befindet sich ein Altar, den minäische Kaufleute ihrem Mondgott Wadd im 2. Jahrhundert vor Christus errichtet haben.

An der Weihrauchstraße unterhielten die Minäer Handelsniederlassungen, von denen die in Dedan im heutigen Saudi Arabien die wohl bekannteste war.

Während seiner Blütezeit konnte Ma’in sein Staatsgebiet bis nach Natschraan im Norden und bis zum Roten Meer im Westen ausdehnen. Einige Inschriften am Felsen Uqlah berichten, daß sogar einige Könige des Hadramaut gleichzeitig über Ma’in herrschten, oder ihre Macht dort durch Familienmitglieder ausüben ließen.

Bekannt geworden sind Bestrebungen von Ma’in und Hadramaut, die Weihrauchstraße von Schabwa über die Wasserstelle AL Abr direkt nach Ma’in ziehen zu lassen. Mit diesem Plan wäre Marib von der Weihrauchstraße ausgeschlossen gewesen.

Im Jahre 50 v. Chr. wurde Ma’in von Saba erobert und unterworfen. Die Hauptstadt Qarnew wurde zerstört und nicht wieder aufgebaut.

Im Gegensatz zu Marib bildeten sich in Ma’in – im kilometerbreiten Unterlauf des Wadi Dschauf – mehrere Städte heraus. Im ehemaligen Königreich Ma’in ist bislang wenig Archäologie betrieben worden.

Als historische Plätze mit mächtigen Stadtmauern und Tempelanlagen sind heute die Orte Barragisch, Qarnew (heute Ma’in), Khirbat al Hazm, Khirbat Kummah sowie die Gebäude auf dem Berg Jebal Lawdh bekannt.

Aussan (bis 450 v. Chr.)

Die Geschichte Aussans ist nahezu unbekannt. Das Zentrum seiner Macht lag im Oberlauf des Wadi Beihahn sowie weiter östlich im Wadi Markha.

Während seiner Blütezeit beherrschte Aussan die Südwestküste Arabiens und gründete Handelsniederlassungen an der ostafrikanischen Küste.

Viele Südaraber verschlug es damals nach Ostafrika und Abessinien.

410 v. Chr. eroberte Saba Aussan und unterstellte es seinem Vasallen Kataban.

Aussanische Städte wie Miswara im Wadi Beihahn, Hadscher an Nab im Wadi Markha und Tubanaw wurden nach der Eroberung geschliffen. Inschriften berichten, daß ca. 16.000 Menschen getötet wurden und 40.000 in sabäische Gefangenschaft zogen.

Statuen der Herrscher von Aussan befinden sich im Nationalmuseum von Aden.

 

Kataban ( 600 v. Chr. – 150. n. Chr. )

Kataban mit seinem Zentrum Timna im Unterlauf des Wadi Beihahn wurde etwa 400. v. Chr. von Saba unabhängig.

Auf dem Höhepunkt seiner Macht im 3. und 4. Jahrhundert vor Chr. kontrollierte Kataban die Küste zwischen Perim und Abian und landeinwärts das Gebiet bis Juba ( 40 km südlich von Marib).

Bedeutende architektonische Leistungen Katabans sind seine Hauptstadt Timna, die befestigten Paßstraßen Nakd Marqad und Mablaqa sowie die Bewässerungssysteme im Wadi Beihahn.

Nachdem sich 100 vor Chr. die Provinzen Himjar und Radman von Kataban gelöst hatten, verlor der Rumpfstaat 150 n. Chr. seine Unabhängigkeit an Hadramaut.

Bekannt wurde das Königreich Kataban durch die verhältnismäßig frühe Archäologie der amerikanischen Wendell Phillips – Expedition von 1949 – 1950 in Timna.

Hadramaut (4. Jhr. v. Chr. – 220 n. Chr.)

Die bis heute erforschte Geschichte des Königreiches Hadramaut beginnt im 4. Jahrhundert vor Christi Geburt.

Zum Königreich Hadramaut gehörte die Weihrauch produzierende Provinz Dhofar im heutigen Oman. Von dort und von der Hafenstadt Qana begannen die langen beschwerlichen Märsche der Händler auf der Weihrauchstraße.

Hadramaut eroberte sein Nachbarreich Kataban um 150 v. Chr., verlor aber 220 n. Chr. seine Unabhängigkeit an Saba.

Bei der Eroberung durch Saba wurde der Königssitz, die Hauptstadt Schabwa zerstört und nicht mehr wieder aufgebaut.

Nach dem Untergang Sabas und einer kurzen Regierungszeit hadramischer Fürsten wurde Hadramaut im Jahre 340 n. Chr. von Himjar erobert.

Himjar (100 v. Chr. – 525 n. Chr. )

Die eigentliche Entstehung des Himjarenreiches begann 100 v. Chr. In dieser Epoche lösten sich aus dem unabhängig gewordenen Kataban die Provinzen Himjar und Radman.

Unterstützt durch das mit Kataban konkurrierende Saba, gründeten sie das Reich der Himjaren mit der Hauptstadt Zafar.

Auf Grund der geographischen Lage des neu entstandenen Königreiches fernab jeglicher Handelswege, wendete sich Himjar auf der Suche nach fundierten Einnahmequellen zuerst der Kontrolle der Seefahrt auf dem Roten Meer zu. Die Städte Mocha und das ca. 40km nördlich gelegene Mohsche wurden zu himjarischen Hafenstädten ausgebaut.

Dadurch wurde der machtpolitische Einfluß der Himjaren gestärkt. Nach einer Konsolidierungsphase begann somit ein jahrzehntelanger Kampf um das Staatsgebiet der Sabäer, der schließlich 260 n. Chr. mit der Einnahme

Maribs endete. Die himjaren Könige verlegten ihren Hauptsitz von Zafar nach Marib, aber der Untergang dieses durch den Menschen stark geprägte (z.B. Staudämme ) Gebiet war unaufhaltsam.

Unter seinem König Damar’ali Yuhabirr eroberte Himjar 340 n. Chr. Hadramaut und damit den gesamten Südwesten der Halbinsel.

Um ihre Bedeutung zu unterstreichen legten sich die Herrscher den Titel eines Königs von Saba, DhuRaidan

(Name des Burgberges der Hauptstadt Zafar ), Hadramaut und Yamanat zu.

Zwischen 420 und 440 n. Chr. unternahm der Himjarenkönig Abu Asad Feldzüge bis hinauf nach Medina.

Staatsgott des himjaritischen Reiches war der Mondgott Wadd, Motivsteine aus dieser Zeit mit Schlangenabbildungen sind im heutigen Jemen noch vielerorts zu sehen.

Eine wichtige Wende in dem von Naturreligionen geprägten Südarabien war die Eroberung der Tihama durch das christliche Aksum um 150 n. Chr.

517 n. Chr. trat der Himjarenkönig Dhu Nawas zum Judentum über. Als es durch ihn zu Christenverfolgungen kam, setzte Aksum 525 n. Chr. mit einem Invarsionsheer über das Rote Meer und zerschlug das Himjarenreich.

Der abessinische Feldherr Abraha machte sich 530 n. Chr. auf südarabischem Boden selbständig, unter ihm wurde Südarabien christlich. Es wurden Kirchen in Aden, Zafar, Sana’a und Natschraan errichtet.

Nachdem ein Mekkaner eine Kirche geschändet hatte, unternahm Abraha 570/71 mit einer Streitmacht einen Feldzug gegen Mekka, um dort den heidnischen Götterglauben der Kaaba ein Ende zu setzten.

Der Feldzug scheiterte vor den Toren Mekkas an einer Choleraepidemie im Heer Abrahas.

In der Sure 105 des Korans ist dieses Ereignis festgehalten.

575 n. Chr. gelang es dem himjaritischen König Saif bin Dhi Yazan mit Hilfe sassanidischer Truppen, die Abessinier aus dem Land zu werfen. Dem Sassanidenkönig in Persien tributpflichtig, kam Südarabien noch einmal unter himjaritische Kontrolle.

597 n. Chr. wurde Südarabien eine Provinz des Sassanidenreiches. Eine nur mit wenigen Phasen der Selbstbestimmung unterbrochene Zeit der Fremdherrschaft setzte ein.

Die Herrschaft der Himjariten ist im Jemen unvergessen. Seine Landesgeschichte verbindet der Jeminite mit den Himjariten und nicht mit anderen Königreichen.

Vorislamische Funde werden automatisch den Himjariten zugeschrieben.

Imam Yachya (1904 – 1948 ) bezeichnete sich als Nachfolger himjaritischer Könige.

Die rote Staatsfarbe Himjars benutzte der Imam als Schriftfarbe seiner Korrespondenz.