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40 Jahre GSG 9 der Bundespolizei


Die Einsätze erfolgen immer auf Anforderung eines Bedarfsträgers – etwa der Bundespolizei, des Bundeskriminalamtes (BKA), der Landespolizeien, des Auswärtigen Amtes oder der Bundeszollverwaltung. Die Entscheidung für einen Einsatz trifft das Bundesinnenministerium, bisweilen der Bundesinnenminister persönlich.

Die GSG 9 heute

Der Verband – seit 2005 von Olaf Lindner geführt – hat heute eine dreistellige Mitarbeiterzahl und gliedert sich neben Stab, Unterstützungs- und Ausbildungseinheit in drei operative Einsatzeinheiten, die wiederum aus einem Führungstrupp und Spezialeinsatztrupps (SET) als kleinstem taktischem Element bestehen. Grundsätzlich verfügen alle „Operators“ über die gleichen Qualifikationen, allerdings sind die Einsatzeinheiten wiederum spezialisiert: die 1. auf Präzisionsschützen-, die 2. auf Tauch- und Boots-, die 3. auf Fallschirmsprungeinsätze. Der Tradition als erste polizeiliche Spezialeinheit in Europa sieht man sich bis heute verpflichtet. „Spezialeinheiten sind die Speerspitze im Kampf gegen den Terrorismus“, bringt Lindner das Selbstverständnis seines Verbandes auf den Punkt.

Gründung

Die Gründung der GSG 9 lässt sich auf das Olympia-Attentat von München zurückführen. Am 5. September 1972 überfiel ein palästinensisches Terrorkommando das Quartier der israelischen Mannschaft. Hierbei und bei dem gescheiterten Befreiungsversuch auf dem Fliegerhorst Fürstenfeldbruck kamen elf Geiseln, fünf der acht Terroristen und ein bayerischer Polizist ums Leben.

Abseilen in den 70-er JahrenAbseilen in den 70-er Jahren

Ulrich K. Wegener, damals Oberstleutnant im Bundesgrenzschutz, war seinerzeit als Verbindungsoffizier im Büro von Innenminister Hans-Dietrich Genscher vor Ort: „Es fehlte an allem: Aufklärung, klaren Beurteilungen der Lage, stringenten Führungsprozessen und geeigneten Kräften.“ „Ich schlug Minister Genscher daher die Gründung einer Spezialeinheit für solche Einsätze vor.“ Genscher war zwar offen, doch die Einheit sollte zunächst beim Bundeskriminalamt unter Horst Herold entstehen. Wegener konnte Genscher aber schnell davon überzeugen, „dass eine solche Einheit nicht ins Amt, sondern zur Truppe“ gehören musste. Und so erging am 26. September 1972 der Aufstellungsbefehl für eine Bundesgrenzschutz-Spezialeinheit mit dem damals 43-jährigen Wegener als Gründungskommandeur.

Der Bundesgrenzschutz gliederte sich 1972 noch in vier Grenzschutzkommandos mit acht Grenzschutzgruppen (GSG): GSG 1 bis GSG 8. Organisatorisch bildete der bis heute in Hangelar bei Bonn angesiedelte neue Verband die Grenzschutzgruppe 9, kurz GSG 9.

Im Zuge des Wandels und der Umbenennung des Bundesgrenzschutz zur Bundespolizei (1. Juli 2005) gelang es, die traditionsreiche Bezeichnung zu erhalten. Seither firmiert „die Gruppe“ (Spitzname: „die Neuner“) offiziell als „GSG 9 der Bundespolizei“.

Von damals stammen auch die etablierten Erkennungszeichen: Jeder Mitarbeiter trägt auf der rechten Brust das Tätigkeitsabzeichen, einen Bundesadler mit zwei Eichenlaubschwingen; das jägergrüne Barett mit dem Bundesadler dient sei 1973 als Kopfbedeckung.

Pionierarbeit

Wegener und seine Männer mussten „von null“ beginnen, Pionierarbeit leisten. „Wir werteten zunächst die Kampfweise ‚der Gegenseite‘ aus“, so Wegener, der sich zuvor im Bundesgrenzschutz unter anderem als Stabsoffizier für Nachrichtengewinnung und Aufklärung Meriten erworben hatte.
„Weiterhin nahmen wir zu Einheiten befreundeter Staaten Verbindung auf, die im Kampf gegen Terrororganisationen erfahren waren. Hierzu gehörte zum Beispiel der Special Air Service der Briten.“ Eine der ersten Auslandsreisen führte den tatkräftigen Troupier zudem nach Israel zur Sayeret Matkal, den Spezialkräften des Generalstabes. „Die Israelis zeigten sich sehr offen und berieten uns ausgezeichnet.“

Kontakte, Training und Tatkraft verliehen der Truppe schnell Schlagkraft. Und diese zeigte sich mitten im „Deutschen Herbst“. Am 17./18. Oktober 1977 stürmte die GSG 9 in Mogadischu (Somalia) die von Palästinensern entführte Lufthansa-Maschine „Landshut“. Bei der „Operation Feuerzauber“ wurden drei der vier Terroristen getötet und alle 86 Geiseln befreit.

Aufgabenspektrum im Wandel der Zeit

Zählte in der Aufstellungsphase vor allem der Kampf gegen die Rote Armee Fraktion (RAF) sowie gegen in Deutschland aktive ausländische Terrororganisationen (etwa die Irish Republican Army) zum Hauptauftrag, kamen ab den 1980er-Jahren vermehrt Einsätze gegen Gewalttäter und die organisierte Kriminalität dazu. Diese bildeten nach der Selbstauflösung der RAF Anfang der 1990er-Jahre dann auch den Schwerpunkt.

Einsatzausstattung Anfang der 80-er JahreEinsatzausstattung Anfang der 80-er Jahre

Die Terroranschläge des 11. September 2001 ließen mit dem islamistischen Terror nicht nur einen weiteren Gegner offenbar werden, sie wirkten zudem als Katalysator für eine verstärkte internationale Kooperation der Antiterror-Einheiten. In den letzten Jahren erfolgten zudem vermehrt Einsätze gegen rechtsextremistische Gewalttäter und Rockerbanden. „In allen Bereichen haben wir heute viele Einsätze zu bewältigen“, so Lindner. Die „Operation Feuerzauber“ war nicht die einzige Aktion im Ausland. Bekannte Beispiele aus jüngerer Zeit sind die Einsätze „Wüste“ und HANSA-STAVANGER. Im September 2008 hielt sich die GSG 9 im Grenzgebiet Ägypten/Sudan bereit, um entführte deutsche und europäische Touristen zu befreien. Nach einem zufälligen Zusammenstoß mit sudanesischen Sicherheitskräften ließen die Geiselnehmer die Urlauber allerdings vor Beginn einer Befreiungsaktion frei. Ende April/Anfang Mai 2009 verlegte die GSG 9 – wiederum unterstützt vor allem von der Bundespolizei-Fliegergruppe – nach Kenia und später auf den amerikanischen Hubschrauberträger USS BOXER, um das von somalischen Piraten gekaperte Frachtschiff HANSA STAVANGER und seine Besatzung zu befreien. Letztlich wurde der Einsatzplan jedoch nicht in die Tat umgesetzt, da die Reederei Lösegeld zahlte. Nach derzeitigen Überlegungen sollen demnächst die operativen Kräfte des Referats 44 des Bundespolizeipräsidiums, „Schutzaufgaben in Krisengebieten (SiK)“, organisatorisch an die GSG 9 angebunden werden.

Nationale und internationale Kooperation

Insbesondere bei größeren Einsatzlagen bittet die GSG 9 um die Unterstützung anderer Dienststellen, so auch der Bundespolizei-Fliegergruppe. Das Technische Hilfswerk stellt bei Auslandseinsätzen Personal und Gerät zur Wasseraufbereitung oder Kraftstoffbetankung ab. Zur Verdichtung von Lagebildern tragen u.a. das Bundeskriminalamt sowie weitere Sicherheitsbehörden bei.

Im nationalen Rahmen kooperiert die GSG 9 vor allem mit den Spezialeinsatzkommandos (SEKs) der Landespolizeien. Während die GSG 9 für polizeiliche Spezialeinsätze bereitsteht, übernimmt das Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr militärische Aufträge. Beide Verbände stehen, unter Berücksichtigung des Trennungsgebotes, in enger Verbindung. Zu den Merkmalen der ersten polizeilichen Spezialeinheit in Europa gehört seit jeher die internationale Kooperation. Spätestens seit der „Feuerzauber“ berät sie befreundete Einheiten oder leistet Aufbauarbeit bei vergleichbaren Verbänden, etwa der 1977 aufgestellten Delta Force der USA. „Bis heute erreichen uns fast wöchentlich Anfragen zur Ausbildungsunterstützung. Leider können wir nicht alle erfüllen“, sagt Olaf Lindner.

Schnelles Abseilen auf das Deck einer HochseefähreSchnelles Abseilen auf das Deck einer Hochseefähre

Die 1983 erstmals veranstaltete „Combat Team Conference (CTC)“, die „Olympiade der Spezialeinheiten“, zählt zu den prestigeträchtigsten Veranstaltungen ihrer Art. Erst kürzlich trainierte die GSG 9 mit der Yamam, den Spezialkräften der israelischen Grenzpolizei, unterschiedliche Einsatzverfahren. „Dass die israelischen Behörden uns zum Training in ihre Heimat einladen, unterstreicht die vertrauensvolle Zusammenarbeit“, so Lindner. Die GSG9 gehört darüber hinaus zu den Gründungsmitgliedern des ATLAS-Kooperationsverbundes. In dieser informellen Struktur haben sich bis heute 36 Spezialeinheiten aus allen 27 EU-Mitgliedstaaten zusammengeschlossen, um ihre Einsatzverfahren abzustimmen und weiterzuentwickeln.

Ab Oktober 2012 übernimmt Olaf Lindner für vier Jahre die ATLAS-Präsidentschaft – wiederum ein Zeichen für das ausgezeichnete Ansehen der GSG 9. Seit ihrer Gründung hat die GSG 9 mehr als 1 700 Einsätze absolviert – fast alle ohne Schusswaffengebrauch, aber teilweise unter hohem Risiko. Sechs Einsatzbeamte ließen im Dienst ihr Leben.

Ausblick

EinsatztaucherEinsatztaucher

Der Kampf gegen den internationalen Terrorismus stellt nicht nur eine Herausforderung vernetzter Sicherheit auf nationaler Ebene, sondern mehr und mehr eine globale Gemeinschaftsleistung dar.

Die GSG 9 steht hierfür weiterhin bereit – getreu ihres Selbstverständnisses als „Speerspitze im Kampf gegen den Terrorismus“ mit dem Ziel, die Sicherheit unserer Bürger im In- und Ausland zu schützen.

Der Weg zur GSG 9

Wer eine Ausbildung des mittleren oder gehobenen Polizeivollzugsdienstes – entweder bei der Bundespolizei, Landespolizei oder dem Bundeskriminalamt – erfolgreich absolviert hat, das 32. Lebensjahr bis zum möglichen Beginn der Basis- und Spezialausbildung noch nicht vollendet hat, keine Sehhilfe benötigt und gesundheitlich geeignet ist, kann sich bei der GSG9 bewerben. Es folgt ein viertägiges Eignungsauswahlverfahren. Bei psychischer und physischer Eignung sowie bestandener Schießprüfung beginnt zeitnah die Basis- und Spezialausbildung. Nach erfolgreichem Abschluss dieser zehnmonatigen dritten Phase erhält der Aspirant das Tätigkeitsabzeichen. In einer der Einsatzeinheiten erfolgt dann die Qualifizierung zum Präzisionsschützen, Taucher oder Fallschirmspringer.

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