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Veröffentlicht: 10.02.2016, 17:53 Uhr

Nestlé steigt aus Leichtathletik-Weltverband „toxisch“

Nestlé beendet sein Engagement bei der IAAF fristlos und nennt dafür Korruption und Doping als Gründe. Der Konzern fürchtete eine negative öffentliche Wahrnehmung.

© dpa Sponsoren springen ab: Die Leichtathletik hat ein Glaubwürdigkeitsproblem

Ein weiterer Schlag für den Welt-Leichtathletikverband IAAF und ihren neuen Präsidenten Sebastian Coe: „Angesichts der negativen öffentlichen Wahrnehmung bezüglich Korruptionsvorwürfen und Dopings“ beendet Nestlé sein Engagement für das Programm „Kids Athletics“ vorzeitig und fristlos, wie das Unternehmen an diesem Mittwoch auf Anfrage von FAZ.NET mitteilte. In der für die Branche außergewöhnlich deutlichen Mail heißt es weiter: „Wir glauben, dass sich dies negativ auf unsere Reputation und das Image auswirken könnte und werden daher den bestehenden Vertrag mit dem IAAF beenden, der 2012 geschlossen wurde.“ Auch Adidas steht vor dem vorzeitigen Ausstieg aus dem Sponsoring der IAAF. Das wurde vor vierzehn Tagen bekannt.

Michael Reinsch Folgen:

„Wir haben den IAAF über unsere Entscheidung informiert und warten auf eine formale Bestätigung von ihm, dass unsere Partnerschaft beendet ist“, schreibt Nestlé. Bei der IAAF ist man empört und erwägt nun rechtliche Schritte gegen Nestlé einzuleiten.

Während es bei Adidas um jährliche Geld- und Sachleistungen von fünf bis zehn Millionen Euro geht, wird das Engagement von Nestlé für die Kinder-Leichtathletik auf ein bis zwei Millionen Euro geschätzt.

38501795 © AP Vergrößern Unter Druck und unglaubwürdig: IAAF-Präsident Sebastian Coe

Der Rückzug ist auch ein Misstrauensvotum für Coe, den geadelten Lauf-Olympiasieger aus Großbritannien und Organisationschef der Olympischen Spiele von London 2012. Er verspricht zwar, das Vertrauen in die Leichtathletik zurückgewinnen zu wollen, wirkt aber unglaubwürdig bei seinen Beteuerungen, nichts von den Machenschaften seines Vorgängers Lamine Diack geahnt zu haben. Schließlich war er acht Jahre lang dessen Vizepräsident. Die Organisatoren der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in London 2017 wollen nach Zeitungsberichten in ihrem Logo auf das Kürzel IAAF verzichten. Experten warnten, heißt es intern, es sei toxisch.

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Die IAAF wird von einer Doping- und Korruptionsaffäre erschüttert, deren Ausmaße noch nicht zu überschauen sind. Der russische Verband ist wegen systematischen Dopings suspendiert, der ehemalige IAAF-Präsident Diack, zwei seiner Söhne sowie Komplizen innerhalb des Verbandes sehen Anklagen wegen Korruption und Erpressung entgegen. Derzeit versuchen Buchhalter und Wirtschaftsanwälte festzustellen, in welchem Maße Diack den Verband direkt betrog und beraubte.

- © AFP Vergrößern Wegen Korruption und Erpressung und Erpressung angeklagt: der langjährige Präsident Lamine Diack

Nach Meldungen, welche die IAAF weder bestätigt noch bestreitet, sind mindestens 25 Millionen Dollar Sponsorengeld verschwunden, die aus Russland eintreffen sollten. Darüber hinaus untersucht die Ethik-Kommission des Verbandes die Vergabe der Weltmeisterschaften 2017 nach London und 2019 nach Doha. Insbesondere die Entscheidung, die WM 2021 zum Gründungsjubiläum des Sportartikelherstellers Nike ohne Ausschreibung an dessen Gründungsort Eugene/Oregon zu vergeben, wirkt allerdings anrüchig.

Coe quittierte seinen mit 140.000 Dollar jährlich dotierten Beratervertrag mit Nike auf öffentlichen Druck erst acht Wochen nach seiner Wahl zum Präsidenten.

Quelle: FAZ.NET

 

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