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Dem türkisen Nationalratsabgeordneten Andreas Hanger ist ein zumindest blamabler, womöglich aber folgenschwerer Fehler unterlaufen: Der Fraktionsführer im Ibiza-U-Ausschuss schickte eine E-Mail über seine politische Konkurrenz im Untersuchungsgremium an ebendiese. So trudelte bei der Neos-Abgeordneten Stephanie Krisper am Freitag eine E-Mail mit Absender Hanger ein, die auch an zahlreiche andere ÖVP-Abgeordnete, Referenten und an eine PR-Agentur ging.

Inhalt der E-Mail war laut Neos die Erstellung von Dossiers über Abgeordnete der Opposition, die im U-Ausschuss aktiv waren. Neben Krisper selbst betraf das beispielsweise den SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer sowie die blaue Abgeordnete Susanne Fürst. Erste Versionen der Dossiers sollen dutzende Seiten haben und sich unter anderem mit den Essensgewohnheiten der Abgeordneten beschäftigen – so war Krainer einst von der Auskunftsperson Christian Pilnacek, dem mittlerweile suspendierten Justiz-Sektionschef, für das Essen einer Wurstsemmel während der Befragung angegriffen worden.

"Dirty Campaigning" mit Klubgeldern?

Die Neos kritisierten das "Dirty Campaigning" der ÖVP in einer eilig einberufenen Pressekonferenz scharf. Sie fordern Aufklärung, ob auch Nationalratspräsident und U-Ausschussvorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) über die Erstellung der Dossiers informiert war. Außerdem wollen sie untersuchen, ob Parlamentsklubs derartige Aktivitäten betreiben dürfen – sind sie doch in der Verwendung von Klubförderung an bestimmte Vorlagen gebunden.

Das Erstellen von Dossiers über die politische Konkurrenz ist per se üblich, allerdings wird das meist in den Parteizentralen und nicht im Parlamentsklub vorgenommen. Der Inhalt des Dossiers ist nicht bekannt, es soll sich vor allem um eine Beschreibung von Fragestil und Auftritten der Oppositionsabgeordneten im U-Ausschuss handeln. Hanger meldete sich wenig später per Aussendung zu Wort: Er nannte die von der Opposition als "Sudeldossiers" bezeichneten Dokumente eine "Faktensammlung" und sprach von "künstlicher Skandalisierung und Aufregung". Die Neos hielten es laut Hanger nicht aus, wenn man ihnen ihr Spiegelbild vorhalte. Klar sei laut Hanger, dass"wir uns bei unserer Aufklärungsarbeit nicht einschüchtern lassen – schon gar nicht durch Anpatzversuche, wie wir sie heute erlebt haben". (fsc, 14.5.2021)