Kindergärtner am Limit

„Zustände sind so nicht mehr länger hinnehmbar“

Politik & Wirtschaft
24.01.2022 17:00

Zu große Gruppen, zu wenig Personal und keine Anerkennung. Die Liste, woran es in den Kindergärten in unserer Stadt mangelt ist lang. Die „Krone“ hat bei den Betroffen nachgefragt.

Die knapp zwei Jahre andauernde Pandemie hat auch in den Einrichtungen der Kleinsten in unserer Gesellschaft ihre Spuren hinterlassen. Besonders die fehlenden Corona-Sicherheitskonzepte für Kindergärten und Horte und die sich ständig ändernden Maßnahmen stellt die Beschäftigten in der elementaren Bildung aktuell vor große Herausforderungen. Hinzu kommen harte Arbeitsbedingungen und akut werdender Personalmangel.

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Uns reicht es jetzt! Die Zustände sind so eindeutig nicht mehr länger hinnehmbar. Wir können einfach nicht mehr.

Karin Wilfingseder (51), Kindergartenpädagogin

Immer weniger Menschen können und wollen diese gesellschaftlich so wichtige Arbeit leisten. „Die Rahmenbedingungen waren bereits vor Corona prekär. Doch die jetzige Situation hat gewisse Probleme sicher noch mehr verschärft“, berichtet die Kindergartenpädagogin Judith Hintermeier aus ihrem Arbeitsalltag.

Mehr Geld, mehr Personal und kleinere Gruppen
In Wien ist ein Pädagoge oft für bis zu 25 Kindern gleichzeitig zuständig. Zu viel, wie Bildungsstudien belegen. Karin Wilflingseder (51), Kindergartenpädagogin und Betriebsrätin im „Verein StudentInnenkinder“ am Alsergrund schildert im Gespräch mit der „Krone“ ähnliche Zustände: „Die Durchseuchung, die in den Einrichtungen gerade stattfindet, passiert auf Kosten der Gesundheit und auf dem Rücken unserer Kinder! Es braucht jetzt endlich entsprechende finanzielle Mittel und sofort mehr Personal. Unsere Kinder haben besseres verdient!“

Hinzu kommt, dass es teils eklatante Gehaltsunterschiede gibt. Die Differenzen machen beim Bruttogehalt inzwischen bis zu 300 und 500 Euro aus. Privatangestellte werden zudem schlechter bezahlt, als etwa das Personal in den öffentlichen Kindergärten der Stadt Wien. Derzeit werden zwei Drittel aller Wiener Kindergarten-Standorte von privaten Trägern betrieben. Erst im vergangenen Oktober gingen mehr als 5000 Elementarpädagogen in Wien auf die Straßen und forderten bessere Arbeitsbedingungen, ein einheitliches Gehaltsschema und eine Aufwertung des Berufes.

Die Stimmung ist extrem angespannt
„Wir werden weiter für bessere Rahmenbedingungen und mehr Anerkennung kämpfen und sind auch bereit, die Betriebsversammlungen jederzeit wieder aufzunehmen. Aber nicht, weil wir nicht mehr wollen, sondern weil wir nicht mehr können!“, gibt sich Wilflingseder kämpferisch.

Interview: „Es muss sich etwas ändern!“
Judith Hintermeier (35) ist Kindergartenpädagogin und Bundesfrauenreferentin der Gewerkschaft younion. Im Interview mit der „Krone“ gibt sie einen Einblick in ihren Berufsalltag.

„Krone“: Was sind aktuell die größten Probleme in Ihrem Job?
Judith Hintermeier: Die momentane Situation stellt uns alle vor extreme Herausforderungen. Sowohl die Kinder, aber auch uns Angestellte und natürlich auch die Eltern. Jeder ist gereizt und angespannt.

Was fordern Sie von der Politik?
Es muss ein gesellschaftliches Umdenken stattfinden. Ein Kindergarten ist keine Aufbewahrungsstätte für Kinder, sondern die erste Bildungseinrichtung im Leben eines Menschen.

Und was braucht es jetzt konkret?
25 bis 30 Kinder pro Gruppe sind leider keine Seltenheit mehr. Wir brauchen daher dringend kleinere Gruppen und sofort mehr Personal. Wir fordern zwei Pädagogen pro Gruppe, aber gleichzeitig auch weniger Kinder. Immer mehr denken ans Aufhören. Uns laufen die Kollegen davon!

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