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So viel zahlen die Deutschen für die Demokratie

So teuer wird der neue Bundestag für die Steuerzahler

Diese Bundestagswahl wird teuer. Weil es so viele Überhangmandate und auch so viele Fraktionen gibt, schwillt unser Parlament gewaltig an. Die Folge sind beachtliche Mehrkosten für die Steuerzahler.

Quelle: N24/ Matthias Heinrich

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Der neue Bundestag wird mit sechs Fraktionen noch größer als der bisherige. Die Kosten dafür trägt der Steuerzahler. Die WELT hat berechnet, wie tief die Deutschen für die Demokratie in die Tasche greifen müssen.

Worum geht es

Quelle: Infografik Die Welt

Demokratie ist ein wertvolles Gut, und so lieb und teuer wie dieses Jahr war sie den Deutschen noch nie. Das kann man durchaus auch wörtlich verstehen. Schon jetzt steht fest: Der neu gewählte Bundestag wird das teuerste Parlament in der deutschen Geschichte sein.

Künftig wird das Plenum deutlich mehr Abgeordnete umfassen. Waren im vorherigen Bundestag insgesamt 630 Parlamentarier vertreten, so sind es dank einer Änderung im Wahlrecht mitsamt Überhangmandaten und Ausgleich der Überhangmandate jetzt 709 Sitze.

Jeder Abgeordnete erhält für seinen Dienst eine monatliche Entschädigung (Diät) von 9541,74 Euro. Dazu kommt noch einmal eine steuerfreie Kostenpauschale von 4318,38 Euro im Monat, mit der er unter anderem sein Wahlkreisbüro und den Zweitwohnsitz in der Hauptstadt Berlin finanzieren kann. Die Pauschale kann er allerdings auch behalten, wenn die tatsächlichen Kosten niedriger sind.

Allein die 94 neuen für die Alternative für Deutschland (AfD) eingezogenen Volksvertreter kassieren im Jahr also 15,6 Millionen Euro an Diäten und Pauschalen. Auf Sicht der vier Jahre bis zur nächsten Bundestagswahl sind das knapp 63 Millionen Euro.

20.000 Euro im Monat für die Mitarbeiter

Ingesamt fallen im Jahr 118 Millionen Euro an direkten Ausgaben für die 709 Menschen an, die die 83 Millionen Bundesbürger demokratisch vertreten. Allerdings kommt kein Parlamentarier ohne Personal aus. Seien es Büroleiter, Referenten, wissenschaftliche Mitarbeiter oder Assistenten. Für sie stellt der Bundestag im Schnitt noch einmal gut 20.000 Euro im Monat zur Verfügung.

Wie viele Mitarbeiter ein Bundestagsabgeordneter beschäftigt, richtet sich nach seinem Arbeitsaufwand. Ein einfacher Abgeordneter hat in der Regel drei oder vier Mitarbeiter. Wer in mehreren Ausschüssen sitzt oder besondere Ämter wie den Bundestagsvorsitz innehat, ist auf mehr Mitarbeiter angewiesen. Bereits jetzt sind 4500 Mitarbeiter in Voll- oder Teilzeit bei Mitgliedern des Bundestags beschäftigt. Bei 79 zusätzlichen Abgeordneten dürfte die Zahl in den kommenden Monaten noch mal stark ansteigen.

Aufs Jahr gerechnet summieren sich die Ausgaben für Mitarbeiter auf zusätzliche 170 Millionen Euro. Folgen die AfD-Abgeordneten dem gleichen Muster, werden die Mitarbeiter der Fraktion vom Steuerzahler mit bis zu 23 Millionen Euro im Jahr finanziert.

Gesamtkosten des Bundestags liegen bei 408 Millionen Euro

In den vier Jahren bis zur nächsten Wahl 2021 dürfte die gesamte AfD-Fraktion mitsamt Büroleitern, wissenschaftlichen Mitarbeitern, Referenten und Assistenten nach WELT-Berechnungen also rund 153 Millionen Euro verschlingen (63 Millionen für die Abgeordneten und 90 Millionen für Mitarbeiter).

Zum Vergleich: Die Kosten der SPD-Fraktion belaufen sich genauso aufgeschlüsselt auf schätzungsweise 249 Millionen Euro (102 Millionen Euro für die Abgeordneten plus 147 Millionen Euro für die Mitarbeiter).

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Die direkten Personalausgaben und Pauschalen für aktive Volksvertreter und ihre Mitarbeiter decken allerdings bei Weitem nicht die gesamten Kosten des Bundestagsbetriebs ab. Zusätzlich zu den Abgeordnetenbezügen und den übernommenen Kosten für die Arbeit im Wahlkreis sind das zum Beispiel Fraktionszuschüsse, Mittel für Büroausstattung, Reisekosten und Sachleistungen. Dazu kommen Fahrdienst, wissenschaftlicher Dienst und mehr.

„Die Rekordzahl von 709 Abgeordneten liegt 111 Sitze über der gesetzlich festgelegten Soll-Größe von 598 Parlamentssitzen“, erinnert Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt). Die Ausgaben für ein Parlament gehören zwar zu den Betriebskosten einer demokratischen Grundordnung, der Bund aber reiße gewissermaßen das Fenster auf und drehe gleichzeitig die Heizung hoch.

Deshalb müssen die Fraktionen des neu gewählten Bundestags sofort ein neues Wahlrecht und eine absolute Mandats-Obergrenze für den Deutschen Bundestag anpacken. „500 Abgeordnete sind genug!“ sagt Holznagel. Ein Parlament mit der gesetzlichen Soll-Stärke von 598 Sitzen würde 75 Millionen Euro weniger kosten, rechnet er vor, ein Bundestag mit der bisherigen Größe von 630 Sitzen rund 54 Millionen Euro weniger. Das amerikanische Repräsentantenhaus, das ungefähr viermal so viele Bürger vertritt wie der Deutsche Bundestag, kommt mit 435 Mandatsträgern aus.

In Deutschland schlägt besonders auch ein Übergangsgeld zu Buche. Dieses kann jeder Abgeordnete in Anspruch nehmen, der aus dem Bundestag ausscheidet, je nach Dauer der Zugehörigkeit zum Parlament bis zu anderthalb Jahre lang. Das Übergangsgeld entspricht der Höhe der Diäten, kann sich bei maximaler Nutzung also auf 171.751 Euro belaufen.

Ein besonderes Privileg genießen Volksvertreter, wenn es um ihre Altersvorsorge geht. Bundestagsabgeordnete müssen selbst nämlich keine Beiträge entrichten. Schon nach einem Jahr im Plenum erwirbt ein Parlamentarier einen Pensionsanspruch von 239 Euro im Monat. Nach 27 Jahren hat ein Volksvertreter einen Maximalanspruch von 67,5 Prozent der Abgeordnetenentschädigung – stattliche 6441 Euro im Monat Monat. Verglichen mit einem gesetzlichen Rentenniveau von derzeit 48 Prozent ist das eine üppige Pension.

Steuerzahlerbund kritisiert die hohen Pensionen

„Nirgendwo sonst gönnen sich die Politiker derart generöse Privilegien wie bei der eigenen Altersversorgung“, kritisiert der BdSt. Parlamentarier hätten bereits nach einem „halben Arbeitsleben“ den vollen Pensionsanspruch. Ebenfalls ein Ärgernis ist aus Sicht der Steuerzahler, dass lang gediente Bundestagsabgeordnete bis zu zehn Jahre vor Erreichen der Altersgrenze ohne Abschlag in Pension gehen können.

Für 2018 rechnet Holznagel mit 517 Millionen Euro Gesamtkosten für den „XXL-Bundestag“. Bleibt es bei den Kostenstrukturen, würde sich das in den vier Jahren der Legislaturperiode auf insgesamt gut zwei Milliarden Euro summieren. So viel investieren Deutschlands Steuerzahler in eine funktionierende Demokratie.

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