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Warum Kurzarbeit der Erholung schadet

Von Bernd Vasari

Wirtschaft

Die Kurzarbeit war das richtige Mittel in der Corona-Krise, nun droht sie den Aufschwung zu bremsen.


Die Arbeitslosenzahlen sinken. 375.500 Personen sind derzeit beim AMS arbeitslos gemeldet oder in Schulungen. Das sind um 15.405 Arbeitslose und 1.475 Schulungsteilnehmer weniger als noch vor einer Woche. Arbeitsminister Martin Kocher zeigte sich zufrieden: "Deutlich besser als erwartet", kommentierte er die aktuellen Zahlen. Geht es in diesem Tempo weiter, wird in zwei Wochen das Niveau erreicht sein, das unmittelbar vor der Corona-Krise bestand.

Doch es gibt einen potenziellen Spielverderber, die Kurzarbeit. Erst am Montag wurde die Maßnahme um ein Jahr bis zum Sommer 2022 von Regierung und Sozialpartner verlängert. Auch Betriebe, die nicht von Schließungen betroffen sind, können sie in Anspruch nehmen. Doch, was passiert, wenn die Kurzarbeit einmal ausläuft? Derzeit sind 311.000 Personen in Kurzarbeit, wird es für sie dann noch einen Job geben?

In der ausgehandelten Verlängerung bis 2021 gibt es einen wesentlichen Punkt, der im Bereich Personalabbau verändert wurde. Bisher wurden Arbeitnehmer in Kurzarbeit vor Kündigungen geschützt, auch, wenn der Betrieb keinen Bedarf mehr für sie hatte. Nun soll der Personalabbau erleichtert werden.

"Es geht darum, dass Unternehmen nicht jemanden in Kurzarbeit schicken, wenn das Unternehmen ohnehin weiß, dass es keinen Job mehr für die Person gibt", heißt es dazu aus dem Büro von Kocher. Steht die österreichische Wirtschaft also vor einer Kündigungswelle?

"Ein Teil der Kurzarbeiter wird arbeitslos"

"Ein Teil der Kurzarbeiter wird arbeitslos", sagt Monika Köppl-Turyna, Direktorin des Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria. Es sei daher richtig gewesen, die Kurzarbeit zu verlängern. "So wird der Arbeitsmarkt nicht auf einmal belastet", sagt sie. Wieviele Kurzarbeiter arbeitslos werden, sei aber schwer abzuschätzen. Wichtiger sei es, die Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen. Sie fordert daher Erleichterungen beim Gründen von Unternehmen und monetäre Anreize bei der Weiterbildung. "Österreich hatte schon vor der Corona-Krise ein Qualifizierungsproblem", sagt die Ökonomin. Der Arbeitsmarkt ist seither digitaler geworden. Qualifizierungen seien nun noch notwendiger geworden.

Auch der Volkswirt und WU-Professor Klaus Prettner erwartet ein Ansteigen der Arbeitslosigkeit für Kurzarbeiter. Er zeigt sich aber zuversichtlich: "Es wird ein wirtschaftlicher Boom entstehen, wo jede Arbeitskraft dringend benötigt wird. Viele von ihnen werden daher schnell wieder einen Job finden", sagt der Volkswirt.

Ausblick auf goldene Zwanziger-Jahre

Es bestehe derzeit ein Nachholkonsumbedarf. Nach der Pandemie mit drei Lockdowns wollen die Menschen wieder konsumieren, auf Urlaub fahren, essen gehen. Sofern keine Corona-Mutationen oder Ähnliches das gesellschaftliche Leben wieder stoppen, erwartet sich Prettner goldene Zwanziger-Jahre. Einige Berufe werden wegfallen, räumt er ein, doch es werden ganz neue Berufe entstehen.

Der Arbeitsmarkt wird also händeringend nach Arbeitskräften suchen. Mit dieser Perspektive hält Prettner es für den falschen Weg, die Kurzarbeit zu verlängern. Unternehmen, die keine Kunden ansprechen, werden sie auch in einem Jahr nicht ansprechen. "Mit der Kurzarbeit werden Strukturen konserviert, die für den Wirtschaftsstandort Österreich nicht gesund sind", sagt Prettner. "Es ist schädlich, wenn Arbeitskräfte künstlich in nicht boomenden Berufen gehalten werden, weil sie in den boomenden Berufen fehlen." Damit werde das Wirtschaftswachstum gehemmt.

Und wenn schon Kurzarbeit, dann müssten die Arbeitnehmer weitergebildet werden. Wie die "Wiener Zeitung" berichtete, gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten zur Weiterbildung. Von mehr als einer Million Kurzarbeitern nutzten jedoch nur 7140 von ihnen die Angebote.

Prettner schlägt daher eine verpflichtende Weiterbildung vor. Für Unternehmen, die ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit nicht weiterbilden, sollen die finanziellen Hilfen reduziert werden. "Wir können nicht auf ewig durchsubventionieren."