Die SPD-Politikerin Hannelore Kraft ist zur neuen Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen gewählt worden. Kraft erreichte im Düsseldorfer Landtag im zweiten Wahlgang die benötigte einfache Stimmenmehrheit. Sie will eine rot-grüne Minderheitsregierung bilden.

Im ersten Wahlgang hatte die Chefin der NRW-SPD Kraft noch die dabei erforderliche absolute Mehrheit verfehlt. Im zweiten Wahlgang reichte Kraft dann die einfache Mehrheit der Stimmen.

Für die 49-Jährige votierten im zweiten Durchgang 90 Abgeordnete, gegen sie 80 Parlamentarier, elf enthielten sich der Stimme. Damit erreichte Kraft offensichtlich alle Stimmen aus dem rot-grünen Lager. Die Linksfraktion enthielt sich anscheinend geschlossen, wie von ihr im Vorfeld angekündigt.

Kraft löst den bisherigen CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers ab. Die SPD-Politikerin ist die erste Ministerpräsidentin in der Geschichte des Landes.

Nun regiert Kraft an der Spitze einer rot-grünen Minderheitsregierung. SPD und Grünen fehlt eine Stimme zur absoluten Mehrheit. Sie sind bei Gesetzesvorhaben deshalb auf Unterstützung aus anderen Fraktionen angewiesen. CDU und FDP haben bereits einen strikten Oppositionskurs angekündigt. Die Linkspartei will von Fall zu Fall entscheiden, ob sie mit Rot-Grün stimmen wird.

Kraft rief nach ihrer Wahl die Oppositionsparteien zur Zusammenarbeit auf. Die Regierung wolle gemeinsam mit allen Fraktionen dafür arbeiten, den besten Weg für Nordrhein-Westfalen zu finden. Die Mehrheitsverhältnisse im Landtag böten auch die Chance, einander genauer zuzuhören und gute Kompromisse zu finden. Die Landesregierung werde ihren Teil zu einem "gemeinsamen Miteinander" beitragen, sagte Kraft. Auch die designierte Vize-Ministerpräsidentin von den Grünen, Sylvia Löhrmann, appellierte an die Oppositionsparteien, mit der Regierung zusammenzuarbeiten.

Der neue CDU-Fraktionsvorsitzende Karl-Josef Laumann nannte die Minderheitsregierung dagegen eine "Regierung der Instabilität". Er habe den Eindruck, dass das Bündnis auf "morschem Gebälk" stehe, sagte Laumann. Der FDP-Landeschef Andreas Pinkwart warf Kraft vor, mit Hilfe der Linken zur Ministerpräsidentin gewählt worden zu sein. Ganz offenkundig ließen sich SPD und Grüne entgegen ihrer Wahlversprechen von den Linken tolerieren.

In Berlin protestierten Union und FDP mit einer gemeinsamen Kampagne gegen die rot-grüne Minderheitsregierung. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe kritisierte das Bündnis zusammen mit seinen Kollegen Alexander Dobrindt (CSU) und Christian Lindner (FDP). Noch vor der Landtagswahl habe Kraft eine Tolerierung durch die Linkspartei definitiv ausgeschlossen, sagte Gröhe. "Es gilt das gebrochene Wort." Die drei Generalsekretäre präsentierten zudem ein Plakat mit der Aufschrift "So linkt Rot-Grün" mit sich angeblich widersprechenden Aussagen Krafts zur Tolerierung durch die Linke.

Der Bundesvorsitzende der Linkspartei Klaus Ernst hält eine Koalition in NRW nach eigener Aussage immer noch für möglich. Die Linke sei dazu bereit gewesen, aber Kraft habe es abgelehnt, sagte Ernst. Das könne sich aber wieder ändern.

Bei der Landtagswahl am 9. Mai war die bisher regierende schwarz-gelbe Koalition abgewählt worden. Kraft hatte danach mit allen im Landtag vertretenen Parteien Sondierungsgespräche über die Bildung einer Koalition geführt. Einer großen Koalition mit der CDU hatte die SPD danach eine Absage erteilt. Ein Ampelbündnis scheiterte an den Gegensätzen zwischen FDP und Grünen.