Der Ort

Da gab es doch Unter den Linden ein wunderschönes Palais, das einmal für den jüngeren Bruder Friedrichs des Großen erbaut worden war. Hier hatte der Prinz Heinrich rauschende Feste gefeiert – zur Einweihung 1766 kamen über 2000 Gäste zum Maskenball – , hier hatte er seine Sammlungen von Gemälden, Stichen, Teppichen, Porzellan untergebracht, und hier hatte er mit seiner Gemahlin Prinzessin Wilhelmine zeitweise auch gelebt.

Welch ein herrliches Gebäude! Es muss eine Lust sein da zu lesen!
Wilhelm de Wette, Theologe

Aber inzwischen waren beide verstorben, die Prinzessin erst im Jahre 1808, das Palais war für öffentliche Zwecke vorgesehen, was lag da näher als es zur Berliner Universität zu machen? In einer Schenkungsurkunde überlässt Friedrich Wilhelm III. das Palais "auf ewige Zeiten" der Universität. "Welch ein herrliches Gebäude!", schwärmte der Theologe Wilhelm de Wette. "Von welch herrlichen Gebäuden umgeben! Es muss eine Lust sein da zu lesen!"

Aber Achtung, das Gebäude war nicht leer. Es wuselte vor Leben. In seiner "Geschichte der Universität Berlin" von 1910 beschreibt Max Lenz den Zustand des Palais um 1809: Im ersten Geschoss lagen die Gesellschaftsräume und Wohnungen von Prinz und Prinzessin samt Hofchargen, das Erdgeschoss beherbergte Wirtschaftsräume und Dienerschaft.

"Im westlichen Teil lagen die Weißzeug- und Möbelkammern der Prinzessin, drei Wagenremisen, Zimmer für Kastellan, Stallleute und eine Vorleserin der Prinzessin. Im östlichen Flügel war alles untergebracht, was zu des Leibes Nahrung gehörte, also Küche und Kupferkammer, Backstube und Konditorei, Kellermeisterei und anderes. Der Garten der Universität befand sich unmittelbar neben dem Marstall, in dem, in zwei Ställe verteilt, nicht weniger als 74 Pferde standen."

Neunzig Menschen lebten noch im Palais, von den Vorleserinnen der Prinzessin über die alte Gräfin von der Schulenburg samt Hofstaat, außerdem eine Schar von Dienstboten. Die Köche und Küchenschreiber, Hausknechte, Maurerpoliere und Kehrfrauen erhielten zu Ostern 1809 ihre Kündigung und zogen widerspruchslos aus. Andere Bewohner jedoch, Höhergestellte wie der Kammerdirektor von Grunenthal oder General Scharnhorst weigerten sich und mussten mit Druck zum Auszug bewegt werden. Schon im Winter 1809 wurde ein Hörsaal eingerichtet, in dem Friedrich Schleiermacher und der Philosoph Johann Gottlieb Fichte erste inoffizielle Vorlesungen hielten.